Moin!
Ich frage, weil ich einfach mal wissen möchte, was man so verlangen kann. Wie andere einen Preis rechtfertigen oder festlegen.
Die Preisgestaltung ist ein Thema, in das sehr viele weiche Faktoren mit einfließen (können). Und das auf beiden Seiten, Anbieter und Kunde.
Letztendlich ist es aber vollkommen egal, wie ein Preis entstanden ist: Es gilt das uralte Marktgesetz von Angebot und Nachfrage. Fordert der Anbieter einen Preis, den der Kunde bereit ist zu bezahlen, kommt ein Handel zustande.
Warum der Anbieter den Preis fordert, interessiert den Kunden nicht. Warum der Kunde den Preis bezahlt, interessiert den Anbieter nicht. Beide sind glücklich.
Grundsätzlich gilt auch: Es gibt immer irgendjemanden, der einen niedrigeren Preis fordern kann und wird. Genauso gibt es immer irgendjemanden, der einen höheren Preis fordern kann und wird. Umgekehrt gibt es immer Kunden, die einen höheren Preis zu zahlen bereit wären - oder denen der Preis zu hoch ist.
Da also der gesamte Prozess der Preisgestaltung so vollkommen gummiweich ist, gibt's ein paar Methoden, um zu einem "vernünftigen" Preis zu kommen:
1. Vergleichbare Angebote als Maßstab nehmen. Wer soviel kostet, wie die Konkurrenz, kann jedenfalls wegen des Preises nicht viel falsch machen - weder wird er als Preisbrecher gebrandmarkt, noch ist er viel zu teuer. Benzinpreise scheinen nach diesem Prinzip zu funktionieren. :)
2. Selbst kalkulieren. Ausgehend von "Was will ich eigentlich verdienen?" rechnet man hoch, wieviele Tage man arbeitet, wieviele Tage davon "produktiv" im Kundenauftrag (der Rest ist Administrationsarbeit, die ein Kunde nicht direkt bezahlt, oder Leerlauf), berücksichtigt fixe und laufende Allgemeinkosten, und erhält dadurch einen Stunden- oder Tagessatz, der einem das gewünschte Einkommen sichert.
Wenn Methode 1 und 2 ungefähr zu den gleichen Ergebnissen führen, sieht man, dass die Konkurrenz offenbar ähnlich gerechnet hat. :)
Das ergibt aber natürlich noch keinen Endpreis für ein Projekt. Sondern da kommt noch die Zeitkomponente hinzu. Also vermuteten Zeitaufwand multipliziert mit dem Tagessatz = Endpreis. Wobei die Abschätzung des Zeitaufwandes ein spannender Punkt ist, der eine gewisse Erfahrung benötigt, und den man durch Zeitkontrolle von Projekten der Realität besser anpassen kann. Indem man die tatsächlich benötigte Zeit aufschreibt, und mit der ursprünglich veranschlagten Zeit laut Angebot vergleicht, sieht man ja, ob man zu wenig Zeit schätzt, oder zuviel.
Wobei beide Fälle nicht gleich böse Konsequenzen haben müssen (das ist eben das Problem der Preisgestaltung): Schätzt man zuwenig Zeit, gerät man bei hoher Auslastung natürlich mit anderen Projekten eventuell in Verzug, bei geringer Auslastung senkt man lediglich ungewollt seinen Stundensatz. Umgekehrt hat eine zu hohe Zeitschätzung den Vorteil, dass man mehr verdient, als man ursprünglich geplant hat - man hätte also bei Kunden, die den Preis des ersten Angebots noch nachverhandeln wollen, durchaus Luft nach unten.
Wenn ich dann z.B ein Formular einbauen soll, mit z.B. 15 Feldern, wo jeweils die Syntax überprüft wird, ob die Pflichtfelder ausgefüllt wurden u.a. wüsste ich nicht was ich dafür verlangen könnte.
Überlege zuerst mal, wieviel Zeit du dafür benöigst, bis so ein Formular wirklich komplett funktionierend in die Webseite integriert ist. Bzw. stoppe die Zeit tatsächlich ab. Dann fehlt dir nur noch ein Stunden- oder Tagessatz, und schon hast du einen Preis. Ist natürlich blöd, erst zu arbeiten und hinterher den Preis zu fordern, aber dieses Problem haben alle, die damit anfangen, und noch keine Erfahrungswerte haben - sowohl was einen vernünftigen Preis angeht, als auch was Kunden bereit sind zu zahlen.
Apropos Zahlungsbereitschaft bei Kunden: Was spricht eigentlich dagegen, beim Kunden soviel wie möglich rauszuholen? Solange der Kunde zahlt, ist doch eigentlich nichts gegen das Geschäft einzuwenden, oder? Muß man immer den niedrigsten Preis machen? Eine Geschäftsbeziehung besteht aus wesentlich mehr Faktoren als nur dem Preis für den Auftrag. Die persönliche Beziehung zwischen Kunde und Dienstleister kommt hinzu: Ist der Dienstleister kompetent, ist er schnell, zuverlässig, entspricht das gewünschte Arbeitsergebnis gerade so den Erwartungen oder übertrifft es sie überraschend, gibts kleine Bonushäppchen, die vorher nicht im Angebot standen (und die keinen unvernünftigen Extraaufwand beim Dienstleister verursacht haben)... All diese Dinge kauft der Kunde zusätzlich mit ein - und die lassen sich nur schwer in den Preis integrieren.
Denn ich hatte ein solches Formular schon erstellt (für mich) und brauche diesen Bauklotz ja nur noch einzufügen und etwas anzupassen, was kein großer Zeitaufwand ist.
Ein Formmailer ist so das klassische Beispiel für Zukunftsinvestitionen. Wenn du jedes Formular individuell mit Javascript-Prüfung und eigenem Mailskript ausstatten würdest, würdest du selbstverständlich extrem viel Zeit mit immer wiederkehrenden Tätigkeiten verschwenden - und dann tatsächlich ziemlich teuer werden, weil du wesentlich mehr Zeit brauchst.
Deshalb hat jeder halbwegs vernünftige Webschaffende eine gewisse Sammlung an Standardsoftware, welche die notwendigen Arbeiten bei solchen Standardaufgaben schnell und simpel erledigt. Damit spart man bei den Folgeaufträgen Zeit - man muß solche Werkzeuge allerdings erst einmal entwickeln, also eigene Zeit investieren. Das allererste Formular dauert deswegen vermutlich viel länger, als der Kunde bezahlt. Alle weiteren Formulare sind dann schneller abgewickelt - die Kunden müssen die Anfangsinvestition in Form von Zeit aber trotzdem irgendwie mitbezahlen. Das ist halt eine der Preiskomponenten, die man nicht in festen Zahlen ausdrücken kann. Ein guter Dienstleister hat eben eine gut sortierte Sammlung von Standardskripten, die er einsetzen kann. Das erlaubt ihm, den Auftrag schneller und zuverlässiger abzuwickeln (Debugging beispielsweise kann wesentlich kürzer ausfallen) - als Gegenleistung zahlt der Kunde mehr, als die reine Zeit tatsächlich sagen würde. Beziehungsweise interessiert den Kunden die tatsächlich aufgewendete Zeit auch gar nicht, der will ja nur sein Formular haben - und er kriegt ein sehr gut funktionierendes Formular, und ist damit dann sehr zufrieden.
- Sven Rautenberg
My sssignature, my preciousssss!