Hell-O!
Mahnen kannst du schon, insbesondere dann, wenn die Gegenleistung vor Ablauf dieser Frist fällig ist. Unter dieser Voraussetzung tritt dann auch Verzug ein. Dass eine Mahnung vor vereinbarter Fälligkeit menschlich verwerflich ist, steht natürlich außer Frage.
Könntest du mir bitte die Rechtmäßigkeit dieses Handelns anhand einer Quelle bestätigen. Bis dahin stufe ich es als sittenwidrig ein.
Was genau möchtest du belegt haben? § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB sagt, dass der Schuldner in Verzug kommt, wenn er nach Ablauf der vereinbarten Fälligkeit gemahnt wird. Ohne Mahnung tritt Verzug kraft Gesetzes auch ohne Mahnung ein, wenn ein Fall des § 286 Abs. 2 BGB vorliegt, bei Entgeltforderungen jedoch spätestens nach 30 Tagen (§ 286 Abs. 3 BGB). Unter Entgeltforderungen versteht man alle Forderungen, die auf Grundlage eines Vertrages die Gegenleistung für die Lieferung von Gütern oder die Erbringung von Dienstleistungen sind.
Der Umkehrschluss aus § 286 Abs. 1 BGB lautet, dass Verzug nicht schon dann eintritt, wenn vor Fälligkeit gemahnt wird. Eine Mahnung vor Fälligkeit ist und war es schon immer schlicht und ergreifend wirkungslos (z.B. BGH-Urteil v. 17.12.1996). Zivilrechtlich wird eine Mahnung als geschäftsähnliche Willensäußerung bezeichnet, sodass die Vorschriften über Willenserklärungen entsprechend angewendet werden. Das wiederum schließt die Anwendung des § 138 BGB (sittenwidriges Rechtsgeschäft) aus.
Damit wir hier nicht aneinander vorbeireden, mache ich mal ein Beispiel:
Webdesigner Klein erstellt für Kunden Protzig (kein Verbraucher) einen Webshop. Er schreibt dem Protzig nach getaner Arbeit am 06.02.2006 eine Rechnung, in der er kein Zahlungsziel nennt. Protzig erhält die Rechnung am 09.02.2006 und zahlt nicht.
Variante A: Klein schickt dem Protzig am 28.02.2006 eine Mahnung.
Die Forderung des Klein ist sofort fällig (§ 271 Abs. 1 BGB), also ist Tag der Fälligkeit der 06.02.2006. Durch die Mahnung gerät Protzig nach § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB mit Ablauf des Tages der Mahnung (28.02.2006) in Verzug. Klein darf ab dem 01.03.2006 Verzugszinsen berechnen (§ 288 BGB).
Variante B: Klein schickt dem Protzig erst am 31.03.2006 eine Mahnung.
Protzig ist Schuldner einer Entgeltforderung, somit tritt Verzug auch ohne Mahnung mit Ablauf der 30-Tages-Frist (§ 286 Abs. 3 BGB) ein. Die Frist beginnt mit Zugang der Rechnung (09.02.2006) und endet mit Ablauf des 11.03.2006. Der Klein kann ab dem 12.03.2006 Verzugszinsen verlangen. Die Mahnung hat keinen Einfluss auf den Eintritt des Verzugs.
Abwandlung 1: Klein vermerkt auf der Rechnung "Zahlbar bis zum 20.02.2006" und mahnt den Protzig am 28.02.2006.
Protzig gerät auch ohne Mahnung mit Ablauf des 20.02.2006 in Verzug (§ 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB).
Abwandlung 2: Klein vermerkt auf der Rechnung "Zahlbar bis zum 28.02.2006" und mahnt den Protzig am 20.02.2006.
Die Mahnung ist wirkungslos (§ 286 Abs. 1 Satz 1 BGB im Umkehrschluss), Protzig darf die Mahnung nach /dev/null verschieben. Der Verzug tritt wie in Abwandlung 1 ein.
Ich hoffe, damit für etwas Klaheit gesorgt zu haben :-)
Siechfred