Nabend zusammen,
ich denke, man kann die "Unterschichten-Debatte" ruhigen Gewissens auf die Arbeitslosen, genauer gesagt die HartzIV-Empfänger begrenzen. Das ist zwar nicht ganz präzise, macht die Sache aber etwas einfacher. Außerdem stimmen die Zahlen der Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung (die die Debatte ja ausgelöst hat) relativ gut mit den Arbeitslosenzahlen überein. Arm ist nach der angewendeteten Definition übrigens jeder, der monatlich weniger als 60% des Durchschnittseinkommens (= 938 Euro) zur Verfügung hat.
Also, damits nicht zu kompliziert wird: Arm = HartzIV
Ich kann die Debatte nur begrüßen. Seit Jahren versuchen uns die Politiker unterschiedlichste Rezepte zur Senkung der Arbeitslosigkeit zu verkaufen - gewirkt haben sie alle nicht (jedenfalls nicht zufriedenstellend). Wahlweise wird dabei das Problem mal auf Seiten der Vermittlung, mal auf Seiten der Arbeitslosen diagnostiziert. Ganz Verzweifelte appelieren sogar schon an den Patriotismus deutscher Unternehmer. Niemand wagt es jedoch bis dato, einfach anzuerkennen, dass eine Arbeitslosenquote heutiger Größenordnung auf lange Sicht ein chronischer Zustand bleiben wird - dagegen ist kein Kraut gewachsen. Auch wirtschaftlicher Aufschwung wird da wenig helfen.
Die Ursache für diese Negierung ist klar: würde man die Arbeitslosenquote als nicht änderbaren Zustand anerkennen, müssten Vorschläge her, wie man in Zukunft mit der industriellen Reserve-Armee anständig umgeht. Jedenfalls wäre die aktuelle Politik der Repressalien und der Zwangsmaßnahmen nicht mehr zu rechtfertigen, weil sie implizit eine Mitschuld der Arbeitslosen unterstellt. Altvernativ-Vorschläge gibts es nicht, weil solche entweder nicht finanzierbar bzw. mit erheblichen Steuererhöhungen verbunden wären, und sowas lässt sich bekanntermaßen in einer Demokratie schwer durchsetzen.
Ich kenne leider auch keinen akzeptablen Ausweg aus dieser Misere, wäre aber schon mal froh, wenn wenigstens das Problem richtig erkannt würde, und man endlich mal über Ursachen statt Symptome debattieren würde.
Erschwerend kommt ja noch hinzu, dass - demografisch betrachtet - unsere Sozialsysteme momentan ihre absolute Blütezeit erleben. Klingt absurd, ist aber so. Das Verhältnis von berufstätigen Nettozahlern zu Leistungs-Empfängern (von Renten, HartzIV, Gesundheits- und Pflegeleistungen) war nie besser und wird nie besser werden - zumindest nicht in den nächsten 50 Jahren. Tatsächlich wird sich besagtes Verhältnis (aufgrund der geburtenstarken Jahrgänge) ganz massiv verschlechtern und Konsequenzen haben, die wir uns zur Zeit noch gar nicht vorstellen können oder möchten.
In diesem Sinne: Es wird böse enden. ;-)
Cheers
Cervantes