Hallo Christoph.
Weißt du eigentlich, wie schwer es ist, Arbeitnehmer im Bildungsbereich dauerhaft zu beschäftigen?
Ja, das weiß ich ungefähr. Schließlich war ich auch ein paar Jahre lang Ausschußvorsitzender für "Bildung und Kultur" und habe die dafür zuständige Verwaltungsebene (manche nennen es "politische Ebene") kennengelernt.
Die politische Ebene ist aber nicht die Arbeitgeberseite. Ich bin Schatzmeister eines Bildungswerks und habe darüber sehr tiefe Einblicke in die Strukturen der Erwachsenenbildung. Zunächst ist dazu festzuhalten, dass sich Erwachsenenbildung nie und nimmer selber tragen kann. Da ist es egal, ob es um politische Bildung, Ausbildung von sog. Benachteiligten oder von Immigranten geht. Also ist man auf Zuschüsse von staatlicher Seite angewiesen. Mein Bildungswerk hat innerhalb der letzten 3 Jahre eine Halbierung der Zuschüsse verkraften müssen! Sowas kann man nicht auf Teilnehmergebühren umlegen. Selbst die geförderten Maßnahmen (Arbeitsagentur, BFD der Bundeswehr u.ä.) sind ein äußerst gefährliches Spiel, denn in der Regel machen diese Einrichtungen befristete Verträge, du weißt also nicht, ob du nächstes Jahr noch alle Dozenten brauchst. Machst du nun befristete Arbeitsverträge, so geht das nur zweimal, danach kannst du auf dem Papier befristen wie du willst, arbeitsrechtlich ist das ein unbefristeter Vertrag. Ergo entlässt man die fest angestellten Dozenten und bucht sie als Freiberufler, wenn man sie braucht. Viele, mit denen ich gesprochen habe, sehen die Selbstständigkeit übrigens als Chance, da man viel flexibler ist und für verschiedenste Auftraggeber tätig sein kann, was bei Anstellungsverhältnissen nur in sehr eingeschränktem Maße möglich ist.
Das nächste ist dieser unsägliche Föderalismus im Bildungsbereich, sodass jedes Bundesland sein eigenes Süppchen kocht. Die Novellierung des Thüringer Erwachsenenbildungsgesetzes hat bspw. mehr als 1 Jahr gedauert, der Erlass der Durchführungsbestimmungen weitere 2 Jahre. in dieser Zeit hingen wir in der Luft. Was wird zukünftig noch gefördert, was nicht? Wird es eine Whitelist oder eine Blacklist geben, was wird da drin stehen? Nicht zuletzt die Förderpolitik: Förderbescheide werden in der zweiten Jahreshälfte erlassen, bis dahin kann man nur hoffen, dass es keine zu großen Abweichungen zum Vorjahr gibt, da sonst der gesamte Vereinshaushalt für die Katz' war.
Nein, Christoph, es geht nicht um die paar Kröten für die Arbeitgeberanteile zur SV, hier geht es um viel mehr, nämlich den Fortbestand der Bildungsträger. Klar kann ein "Großer" Verluste ausgleichen, da er in anderen Bereichen Überschüsse einfährt, das funktioniert aber auch bei solchen Einrichtungen nicht ewig.
Siechfred
Ein Selbständiger ist jemand, der bereit ist, 16 Stunden am Tag zu arbeiten, nur um nicht 8 Stunden für einen Anderen arbeiten zu müssen.