Moin Moin!
Ich habe mich 2001 als Web-Programmierer selbständig gemacht.
Nun, ich halte meine Arbeit für nicht viel weniger kreativ, als
die eines Screendesigners und frage mich, ob es wohl geht, als
Webprogrammierer vom Finanzamt (nachträglich) als freiberufler
eingestuft zu werden.
Mein Rechtsverständnis (ACHTUNG: Ich bin kein Anwalt!) ist so:
Es gibt eine Liste priviligierter Berufe, in denem man freiberuflich arbeiten *KANN*. Dazu gehören u.a. Architekten und Ingenieure. Informatiker hat man in der Liste schlicht vergessen, man *KANN* sie aber bei entsprechender Ausbildung und entsprechendem Abschluß mehr oder weniger wie Ingenieure behandeln. Ja, das ist sehr schwammig, leider.
Der feine Unterschied zwischen gewerblicher und freiberuflicher Tätigkeit ist schlicht und ergreifend die Frage, ob Du etwas PRODUZIERST oder nur eine DIENSTLEISTUNG den Auftraggebern zur Verfügung stellst.
Produziert ein Ingenieur Tiefziehmaschinen für Kochtöpfe aus einem großen Haufen Stahl und Hydraulikteilen, und verkauft er diese an Kochtopfhersteller, arbeitet er gewerblich. Für Pläne dieser Maschinen, die er an einen Maschinenbauer verkauft, gilt das gleiche. Arbeitet er dagegen FÜR den Maschinenbauer oder den Kochtopfhersteller an einer Weiterentwicklung einer Tiefziehmaschine für Badewannen zu einer Tiefziehmaschine für Kochtöpfe, und wird entsprechend für die Arbeitsstunden und eben NICHT für die Pläne oder die Maschinen bezahlt, arbeitet er freiberuflich. Insbesondere bleibt das "geistige Eigentum", die Rechte am Produkt, beim Kunden.
Ganz analog geht es beim diplomierten Software-Entwickler, der eine ingenieursmäßige Ausbildung absolviert hat. Baut er eigene Software, die er verkauft, ist das gewerblich. Wenn er kundeneigene Software verbessert, pflegt, weiterentwickelt, und zwar bezahlt nach Arbeit und nicht nach Ergebnis, ist das freiberuflich.
Wenn Du Dich Programmierer nennst, bist Du nach meinem Sprachverständnis eine reine Schreib- oder Übersetzungskraft, die eine durch einen Ingenieur (oder Kunden) gefertigte Vorgabe in eine für Computer verständliche Sprache umsetzt. Damit würdest Du nach meinem Verständnis nicht die ingenieursmäßige Arbeit leisten, die für eine freiberufliche Tätigkeit notwendig ist. Also gewerblich.
Lassen wir das mal außer aucht, so baust Du im Auftrag Deiner Kunden eine neue, kundenspezifische Software. Wieder gewerblich.
Kümmerst Du Dich dagegen nur darum, eine beim Kunden schon bestehende und halbwegs funktionierende Software an neue Wünsche anzupassen, und berechnest entsprechend nur den Zeit- und Reisekostenaufwand, könnte das freiberuflich sein.
Machst Du beides, ist es gewerbliche Tätigkeit. "Ein bißchen gewerblich" gibt es nicht, genauso wenig wie es "ein bißchen schwanger" gibt. Einmal gewerblich, immer gewerblich. Spätestens wenn auf einer Rechnung ein Produkt statt einer Dienstleistung auftaucht, oder Du Produkte anderer weiterverkaufst, ist es gewerblich.
So, wie gesagt, habe ich das verstanden, und noch einmal: Ich bin weder Jurist noch Steuerexperte. Es könnte aber helfen, sich bei solchen genauer zu informieren.
Alexander
Today I will gladly share my knowledge and experience, for there are no sweeter words than "I told you so".