hoppel: Urheberschaft

Hallo zusammen,

durch ein Gespräch mit einem Kunden sind bei mir ein paar Frage aufgetaucht, vielleicht weiß jemand bescheid? Es geht im wesentlichen darum, ob und in wie weit ein Auftraggeber Miturheber an dem für ihn geschaffenen Werk ist.

Im konkreten Fall hat der freiberufliche Auftragnehmer den Auftrag erhalten, ein datenbankgestützes Informationssystem zu erstellen, um die Arbeit des Auftraggebers (einer Vermittlungsagentur) zu erleichtern. Den Aufbau und Umfang des Systems haben beide in enger Abstimmung miteinander erdacht. D.h. es wurde für den Kunden eine sehr spezielle Lösung erarbeitet. Weder hat der Auftragnehmer ein fertiges Konzept vorgelegt, noch hat der Auftraggeber im Vorhinein genau beschrieben, wie das System auszusehen hat. Die Umsetzung und damit verbundenen technische Fragestellungen wurden allein vom Auftragnehmer umgesetzt.

Nun stellt sich die Frage:

Ist der Auftragnehmer alleiniger Urheber an dem Werk, da er es geschaffen hat und die "Idee" dahinter als solche nicht urheberrechtlich schützbar ist?
Oder liegt das Verwertungsrecht beim Auftraggeber, da es sich ja um eine bezahlte Auftragsarbeit handelte und er seine kreativen Ideen eingebracht hat, was mit dem System alles möglich sein soll und z.B. welche Datenfelder sinnvoll sind?
Oder sind beide gleichberechtigte Miturheber, da der eine das technische Werk geschaffen hat, der andere seine Ideen für die Umsetzung eingebracht hat?

Wie sieht es jetzt also aus, wenn eine 2. Agentur das bestehende System nutzen möchte (und bereit ist, dafür zu zahlen)? Kann der Auftragnehmer das System einfach noch ein zweites Mal "verkaufen" (bzw. Nutzungsrechte einräumen), kann der Auftraggeber das System weiterverkaufen, da er es ja bezahlt hat, oder im welchen Verhältnis wäre ein Aufteilung zwischen beiden sinnvoll?

Es geht mir hierbei um die rechtlichen Grundsätze, um für später zu lernen. Im konkreten Fall gibt es eine einvernehmliche Lösung.

Ich hoffe auf ein paar interessante Anregungen!
Vielen Dank schon mal.

  1. Hello,

    das Ding hat soviele Freiheitsgrade, dass man da bestimmt keine Standardantwort geben kann.

    Mir fallen da Begriffe ein, wie:

    Den Anderen fallen da bestimmt noch mehr Begriffe ein.

    Ohne substantiierte Regelung der einzelnen Punkte würde ich immer erst mal von einem Werkvertrag ausgehen, da der Eine versprochen hat, zu bezahlen und der Andere zu leisten.

    Üblicherweise dürfte der Eine das Werk kein zweites Mal verwenden (kein Vervielfältigungsrecht) und der Andere auch nicht 1:1 vervielfältigen, weil er damit "Mandantenverrat" begehen würde.

    Seine eigenen Ideen zu den Aufgabenstellungen darf er schon wiederverwenden.

    Ich hatte die Situation mal mit einem großen deutschen Automobilkonzern. Obwohl die eine große Rechtsabteilung haben, haben sie nichts gemacht... Aber dann fing der Kummer an.
    Es gibt immer auch noch Beachtenswertes und Wege außerhalb des Rechts ;-(

    Liebe Grüße aus dem schönen Oberharz

    Tom vom Berg

    --
    Nur selber lernen macht schlau
    http://bergpost.annerschbarrich.de
    1. Hallo Tom,

      Dort wird ausdrücklich ein ausschließliches (und übertragbares) Nutzungsrecht eingeräumt. Das ist nicht sehr auftragnehmerfreundlich ;)

      • Lastenheft
      • Pflichtenheft

      Gab es aufgrund des "Projektcharakters" bei den Entwicklung nicht ...

      Ohne substantiierte Regelung der einzelnen Punkte würde ich immer erst mal von einem Werkvertrag ausgehen, da der Eine versprochen hat, zu bezahlen und der Andere zu leisten.

      Aber auch bei einem Werkvertrag wird ja ein Werk geschaffen, dass grundsätzlich urheberrechtlich geschützt ist ... Allerdings würde ich eher dann von einem Werkvertrag ausgehen, wenn eine Arbeit nach genauer Anleitung erfolgt ist, also der Auftragnehmer keine wirkliche eigene geistige Schöpfung erbracht hat.

      Üblicherweise dürfte der Eine das Werk kein zweites Mal verwenden (kein Vervielfältigungsrecht)

      würde cih auch so sehen

      und der Andere auch nicht 1:1 vervielfältigen, weil er damit "Mandantenverrat" begehen würde.

      "Mandantenverrat" will mir in dem Zusammenhang nicht ganz einleuchten. Aber Deine Schlussfolgerung spricht dafür, von Miturheberschaft auszugehen, oder?

      Seine eigenen Ideen zu den Aufgabenstellungen darf er schon wiederverwenden.

      Da wird es halt schwierig zu sagen, was wessen Idee war ...

      Ich hatte die Situation mal mit einem großen deutschen Automobilkonzern. Obwohl die eine große Rechtsabteilung haben, haben sie nichts gemacht... Aber dann fing der Kummer an.

      Hört sich nicht gut an ...

      Es gibt immer auch noch Beachtenswertes und Wege außerhalb des Rechts ;-(

      Ich habe ja auch gar keine wirklichen Probleme damit, es geht mir nur um zukünftige Projekte ...

      Dank & Gruß!

      1. Hello,

        Dort wird ausdrücklich ein ausschließliches (und übertragbares) Nutzungsrecht eingeräumt. Das ist nicht sehr auftragnehmerfreundlich ;)

        Es ist auch nur ein Beispiel. Selber denken musst Du schon noch.

        Ohne substantiierte Regelung der einzelnen Punkte würde ich immer erst mal von einem Werkvertrag ausgehen, da der Eine versprochen hat, zu bezahlen und der Andere zu leisten.

        Aber auch bei einem Werkvertrag wird ja ein Werk geschaffen, dass grundsätzlich urheberrechtlich geschützt ist ...

        Genau.

        Allerdings würde ich eher dann von einem Werkvertrag ausgehen, wenn eine Arbeit nach genauer Anleitung erfolgt ist, also der Auftragnehmer keine wirkliche eigene geistige Schöpfung erbracht hat.

        Dann ist es wohl eher ein Dienstvertrag.

        Liebe Grüße aus dem schönen Oberharz

        Tom vom Berg

        --
        Nur selber lernen macht schlau
        http://bergpost.annerschbarrich.de
  2. Wenn nichts anderes vereinbart ist, gehören dem Auftragnehmer alle Rechte am erstellten Produkt mit Einschränkung der vom Auftraggeber gelieferten Materialien wie Banner, Fotos, Grafiken, Texte etc.

    Ein "datenbankgestütztes Informationssystem" ist idealerweise so gestrickt, dass mit einer Rekonfiguration auf die Bedürfnisse und Vorstellungen eines neuen Auftraggebers leicht eingegangen werden kann, ohne wesentliche Bestandteile neu skripten oder programmieren zu müssen.

    Ist allerdings von vorneherein ein "Buyout" des Quelltextes vereinbart, kann man "im Prinzip" den kompletten - weil verkauften - Quellcode löschen und bei einem Neukunden von vorne anfangen.
    Im Klagefall darf der Kläger nicht nachweisen können (bspw. durch einfachen Textvergleich des Quellcodes), dass ein zuvor verkaufter Quellcode wiederverwendet wurde.
    Ein Buyout wird nur selten vereinbart, weil der Auftraggeber 2 entscheidende Nachteile in Kauf nehmen muss:
    1. Ein Buyout ist bis 10 mal so teuer wie ein "normaler" Werkvertrag.
    2. Für eine Weiterentwicklung des Projekts verursacht eine Einarbeitung eines ggf. neuen Auftragnehmers zusätzliche Kosten, die beim ursprünglichen Auftragnehmer nicht entstanden wären.

    Im Normalfall kann dem Auftragnehmer also keiner verbieten, programmiertes bzw. geskriptes Material wiederzuverwenden - solange es kein material enthält, das von einem vorherigen Auftraggeber zur Verfügung gestellt wurde.

    Gruß vom foomaker

    --
    Natürlich glaube ich an die Existenz von Ausserirdischen. Schliesslich gibt es ja auch das PERFEKTE SCRIPT.
    1. Hallo foomaker,

      danke auch für Deine interessanten Überlegungen.

      Wenn nichts anderes vereinbart ist, gehören dem Auftragnehmer alle Rechte am erstellten Produkt mit Einschränkung der vom Auftraggeber gelieferten Materialien wie Banner, Fotos, Grafiken, Texte etc.

      So hätte ich es auch gedacht. Aber was ist dann mit der geistigen Leistung des Auftraggebers, das System zu dem "heranreifen" zu lassen, was es durch seine Überlegungen erst geworden ist?

      Ein "datenbankgestütztes Informationssystem" ist idealerweise so gestrickt, dass mit einer Rekonfiguration auf die Bedürfnisse und Vorstellungen eines neuen Auftraggebers leicht eingegangen werden kann, ohne wesentliche Bestandteile neu skripten oder programmieren zu müssen.

      Yep. Allerdings ist das System in die Jahre gekommen und die Wiederverwendbarkeit teilweise etwas eingeschränkt.

      Ein Buyout wird nur selten vereinbart, weil der Auftraggeber 2 entscheidende Nachteile in Kauf nehmen muss:

      1. Ein Buyout ist bis 10 mal so teuer wie ein "normaler" Werkvertrag.

      Ok, das hat dann definitiv nicht vorgelegen, aber interessant zu wissen.

      Im Normalfall kann dem Auftragnehmer also keiner verbieten, programmiertes bzw. geskriptes Material wiederzuverwenden - solange es kein material enthält, das von einem vorherigen Auftraggeber zur Verfügung gestellt wurde.

      Nur bezieht sich "Material" auch auf geistige Überlegungen, das Definieren von Anforderungen und Überlegungen, wie diese (prinzipiell) am besten zu lösen wären?

      Dank & Gruß, hoppel

  3. Ist der Auftragnehmer alleiniger Urheber an dem Werk, da er es geschaffen hat und die "Idee" dahinter als solche nicht urheberrechtlich schützbar ist?
    Oder liegt das Verwertungsrecht beim Auftraggeber, da es sich ja um eine bezahlte Auftragsarbeit handelte und er seine kreativen Ideen eingebracht hat, was mit dem System alles möglich sein soll und z.B. welche Datenfelder sinnvoll sind?

    Wieso "oder"? Wenn der Auftragnehmer alleiniger Schöpfer ist, ist er alleiniger Urheber. Der Auftraggeber ist in jedem Fall Inhaber irgendeines Nutzungs bzw. Verwertugnsrechts. welchen Umfang die Rechte haben hängt von den Vereinbarungen ab. Wurden keine Vereinbarungen getroffen, so hängt es vom Zweck ab.

    "Sind bei der Einräumung eines Nutzungsrechts die Nutzungsarten nicht ausdrücklich einzeln bezeichnet, so bestimmt sich nach dem von beiden Partnern zugrunde gelegten Vertragszweck, auf welche Nutzungsarten es sich erstreckt. Entsprechendes gilt für die Frage, ob ein Nutzungsrecht eingeräumt wird, ob es sich um ein einfaches oder ausschließliches Nutzungsrecht handelt, wie weit Nutzungsrecht und Verbotsrecht reichen und welchen Einschränkungen das Nutzungsrecht unterliegt."
    Quelle: §31 UrHG

    Oder sind beide gleichberechtigte Miturheber, da der eine das technische Werk geschaffen hat, der andere seine Ideen für die Umsetzung eingebracht hat?

    Ob jemand Miturheber ist, ist im konkreten Fall zu klären. So wie eine Sekretärin die etwas diktiert bekommt kein Urheber ist, so muß auch jemand der Ideen Umsetzt nicht unbedingt alleiniger Urheber sein, das kommt auf die Art der Zuarbeit an, sprich inwieweit die Ideen (teilweise) schon ausgearbeitet sind.

    Wie sieht es jetzt also aus, wenn eine 2. Agentur das bestehende System nutzen möchte ...

    Das hängt von den anderen Fragestellungen ab. Bei Miturheberschaft siehe § 8. Ansonsten hängt es wieder von den Vereinbarungen oder dem Zweck ab, ob z.B. ein ausschließliches Nutzungsrecht erteilt wurde u.s.w.

    1. Hallo,

      Wieso "oder"? Wenn der Auftragnehmer alleiniger Schöpfer ist, ist er alleiniger Urheber. Der Auftraggeber ist in jedem Fall Inhaber irgendeines Nutzungs bzw. Verwertugnsrechts.  [...]

      Du hast "Recht", ich meinte Verwertungsrecht im Sinne von Zweitverwertungsrecht und derlei ...

      welchen Umfang die Rechte haben hängt von den Vereinbarungen ab. Wurden keine Vereinbarungen getroffen, so hängt es vom Zweck ab.

      Guter Hinweis mit Zweck ... In dem Fall war es auf jeden Fall nicht von vorherein der Zweck, das System so auszulegen, dass es später 1:1 übertragen werden kann auf andere Agenturen. Also liegt wohl nur ein einfaches, nicht ausschließliches Nutzungsrecht vor.

      Ob jemand Miturheber ist, ist im konkreten Fall zu klären. So wie eine Sekretärin die etwas diktiert bekommt kein Urheber ist, so muß auch jemand der Ideen Umsetzt nicht unbedingt alleiniger Urheber sein, das kommt auf die Art der Zuarbeit an, sprich inwieweit die Ideen (teilweise) schon ausgearbeitet sind.

      Ok, das scheint sinnvoll.

      Das hängt von den anderen Fragestellungen ab. Bei Miturheberschaft siehe § 8. Ansonsten hängt es wieder von den Vereinbarungen oder dem Zweck ab, ob z.B. ein ausschließliches Nutzungsrecht erteilt wurde u.s.w.

      Dann müsste man in diesem Fall im Nachhinein klären, wie hoch der "Umfang ihrer Mitwirkung" (der Miturheber) ist/war.

      Dank & Gruß, hoppel

      1. Hello,

        Du hast "Recht", ich meinte Verwertungsrecht im Sinne von Zweitverwertungsrecht und derlei ...

        Das nennt sich Vervielfältigungsrecht.
        Und das wird ohne Vereinbarung grundsätzlich nicht übertragen, weder ganz noch teilweise.

        Liebe Grüße aus dem schönen Oberharz

        Tom vom Berg

        --
        Nur selber lernen macht schlau
        http://bergpost.annerschbarrich.de
        1. Hallo Tom,

          Das nennt sich Vervielfältigungsrecht.
          Und das wird ohne Vereinbarung grundsätzlich nicht übertragen, weder ganz noch teilweise.

          Gut zu wissen ... Danke.