Alexander (HH): Projektor oder LCD-TV

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Moin Moin!

...So lange Platz und Gewicht nicht wirklich kritisch sind, würde ich jederzeit eine Röhre bevorzugen...

Du sprichst mir aus der Seele, auch wenn ich es fachlich nicht annährend so gut begründen könnte. Meist werde ich für diese Ansicht bemerkenswert schief angelächelt.

Laß mal, der Kenner genießt und schweigt. :-)

Das Fachwissen stammt aus der Familie, ich kenne seit frühester Kindheit so ziemlich jeden Fernseher von innen -- auch die alten Röhrensärge. In meinem Kinderzimmer hing statt Bravo-Bildern u.a. ein Fernseher-Schaltbild im Poster-Format.

Übrigens sind wir in Sachen Energieaufnahme beim Fernseher wieder in der TV-Steinzeit angekommen. Die antiken Farbfernseher mit Röhrentechnik [1] haben die 400 W überwiegend dazu genutzt, einen großen Haufen Röhren zu heizen, und so etwa 30 bis 40 W gingen in die Bildröhre für das Licht aus den drei Elektronenkanonen. Heute kann man die Steuerelektronik eines modernen Heimkino-Fernsehers schon fast aus einer 9V-Batterie betreiben, dafür verballert die dauerleuchtende Hintergrundbeleuchtung  für 2..3 m² Display-Fläche den Großteil der 400 W. Fast der gesamte Rest geht für die Ansteuerung der LCD-Mechanik drauf, die für "schnelle" Reaktionen brutal übersteuert wird.

Ahnlich große Plasma-Fernseher kommen zwar ohne Hintergrundbeleuchtung und ohne Mechanik aus, dafür ist jeder einzelne Subpixel eine eigene kleine Röhre, die zwangsläufig eine Heizung braucht. Und so landen auch die Plasma-Monster energietechnisch neben den Massivholz-Heizern aus den 1960ern und frühen 1970ern.

Weil die modernen Plastikdosen anders als die edlen Massivholz-Möbel aus der Anfangszeit des Fernsehens aber kaum noch Luft im Gehäuse haben, muß teilweise sogar mit Lüftern nachgeholfen werden, damit die Plastikdosen nicht einfach wegschmelzen.

Zugegeben, die modernen Monster haben wesentlich mehr Schirmfläche als ein Röhrensarg. Wenn ich drei von meinen (modernen) Röhren-Fernsehern hinstelle, habe ich ungefähr die selbe Schirmfläche -- aber 25% weniger Stromaufnahme. Davon mal abgesehen weiß ich gar nicht, wo ich die zwei anderen Fernseher hinstellen sollte.

Da scheint sich bei den Status-Symbolen so langsam der Fernseher im Kino-Format gegen die Eiche-Rustikal-Schrankwand durchgesetzt zu haben. Nicht, dass mir so ein Eichensarg im Wohnzimmer gefallen würde, aber ich will auch nicht die halbe verfügbare Wandfläche dem Fernseher opfern.

Der Haken dabei ist nur: wo kriegt man heutzutage noch ordentliche Röhren her, außer vielleicht mit Glück als Gebrauchtware? So war ich irgendwann auch gezwungen, mir ein LCD zuzulegen und musste ein Heidengeld hinlegen, um meine Augen zu befriedigen.

Rate mal, warum bei mir im Keller noch ein paar gute CRTs lagern ... ;-)

Beim Fernseher habe ich Glück gehabt, da habe ich kurz vor dem LCD-Wahn der Hersteller noch ein richtig gutes Gerät aus deutscher Produktion ergattert, das wird noch einige Jahre halten. Ersatzteile wird es noch eine ganze Weile geben, obwohl auch dieser Hersteller mittlerweile komplett auf LCDs umgestellt hat -- u.a. mangels Bildröhren, die seinen Qualitätsansprüchen genügen.

Es gibt übrigens noch neue CRT-Fernseher. Die werden gerne als Döner-Fernseher bezeichnet, weil sie fast alle in der Türkei (wohlwollend gesagt) zusammengekloppt werden, um dann unter längst an Heuschrecken verkauften, ehemals guten alten Markennamen (AEG, Grundig, Saba, Nordmende, Telefunken, seit neuestem auch Thomson) beim Lebensmittel-Discounter, im Baumarkt, oder in der hintersten Ecke beim Kistenschieber verramscht zu werden. In der klassischen Wohnzimmer-Größe von 60 bis 80 cm Diagonale 4:3 ist aber auch da nichts mehr zu holen (schon allein weil jeder Depp meint, unbedingt eine 16:9-Glotze haben zu müssen), die Döner-Fernseher sind meistens eine Nummer kleiner, 40 bis 60 cm 4:3, typisch für Kinder- und Gästezimmer und die Zweit-/Ferienwohnung. Innovationen finden da höchstens noch beim Weglassen von Bauteilen statt, ansonsten verbaut man das, was gerade am billigsten zu haben ist. Altbewährte "Chipsets" aus Röhrenzeiten, dazu billigst produzierte Bildröhren mit gerade eben brauchbarer Qualität, die gerade eben die gesetztliche Gewährleistungsfrist überleben. Und bei dem Preis wird kein ernst zu nehmender Fachmann auch nur die Rückwand abbauen, weil schon das mehr kostet, als die Kiste einfach zu entsorgen und einen neue Wegwerf-Glotze zu kaufen.

Alexander

[1] 100% Röhren, kein Transistor weit und breit, nur gelegentlich mal ein Selen-Gleichrichter, ansonsten halbleiterfrei. Selbst im Tuner steckten Röhren.

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Today I will gladly share my knowledge and experience, for there are no sweeter words than "I told you so".