Moin Moin!
Schaff mal Ordnung in dem Chaos.
1. Du hast einen Arbeitsvertrag, da steht u.a. drin, wie viele Stunden Du am Tag und in der Woche arbeiten mußt, und wie Überstunden gehandhabt werden. Zu eventuellen Bereitschaftsdiensten sollte dort auch etwas stehen. Alternativ wird, wie in meinem Arbeitsvertrag, der gerade mal eine Seite A4 füllt, auf einen Tarifvertrag verwiesen, der solche Dinge regelt. Ansonsten gilt die gesetzliche Regelung.
2. Verschaffe Dir eine Übersicht, wie lange Du wirklich arbeitest. Schreib Anfang und Ende jeder Arbeitsperiode auf, NUR FÜR DICH, aber so, dass Du es notfalls Chef, Anwalt und Richter zeigen kannst. Wenn Du Dich zwischendurch abmeldest, um in die Stadt zu gehen oder Essen zu kochen oder was auch immer, schreibst Du das auch auf. Und weil Du's angesprochen hast: Zeit auf der Toilette unterbricht die Arbeitsperiode NICHT.
3. Vergleiche das mit Deinem Arbeitsvertrag. Wenn Du regelmäßig zu viel arbeitest, läuft da etwas schief! (Wenn Du zu wenig arbeitest und Dein Chef das nicht rafft, natürlich auch, aber das ist erstmal nicht DEIN Problem.)
4. Wie lautet Euer Vertrag bzw. Euer Übereinkommen bezüglich Arbeit zuhause, insbesondere was Dokumentation der Arbeitszeiten und Erreichbarkeit angeht? Wie ist die Nutzung Deiner Internet-Verbindung und Deines privaten Telefon(anschlusse)s geregelt bzw. kompensiert? Ist das schriftlich festgehalten? Wenn nein, warum nicht?
5. Was ist die Motivation Deines Chefs, Dich von zuhause Arbeiten zu lassen? Will er Dich nicht im Büro sehen? Will er ausnutzen, dass Du zuhause 24/7/365 verfügbar wärest?
6. Warum bist Du auf den Deal eingegangen, Privatleben und Arbeit dermaßen intensiv zu vermischen?
Einmal hatte mein Chef mich versucht anzurufen und ich habe - das muß ich zugeben - erst 15 Minuten später zurückgerufen, ich war zum Zeitpunkt des Anrufs auf der Toilette und habe danach erst mal gewartet
Warum zum Geier?
Dann hatten wir nochmal telefoniert, er von seinem Handy aus und die Verbindung ist unterbrochen worden.
Pech für ihn.
Ich sagte zu ihm das ich jetzt einmal unterwegs bin. 5 Minuten später rief er wieder auf meinem Handy an
Privat unterwegs? Dann ist das stumpf unverschämt (ausgenommen eine "Panik! Alle Server brennen"-Situation).
Dienstlich? Dann ist das ok.
aber das Smartphone "hing". Ich weiß das klingt doof aber ich konnte nicht abheben. Nun rief er 29 mal hintereinander an und ich konnte nichts machen das Handy war blockiert. Dann rief ich ihn zurück nachdem ich das Handy aus und eingeschaltet hatte
Du kommst erst nach 30 Anrufen auf die Idee, Dein hängendes Smartphone mal zu resetten? Geht's noch?
und er machte mir am Telefon deutlich klar das er sich verarscht vorkommt.
Ganz ehrlich? Genau das hätte ich Dir auch gesagt.
Ich bin ja auch ein Telefonverweigerer, aber das geht für meinen Geschmack doch etwas weit.
Wenn mir jemand sagen würde das sein Smartphone hängt würde ich das auch nicht glauben. Er hatte neben den 29 Anrufen in wenigen Minuten auch geschafft vier SMS zu schicken, was das Handy irgendwie zum Absturz brachte.
Dann solltest Du das Scheißding wegschmeißen und Dir ein zuverlässiges Gerät zulegen. Muß es ein Smartphone sein? Meine alten Dumbphones laufen seit den 1990ern ohne einen Absturz (im Sinne von Software, mechanisch haben sie einige Abstürze überlebt).
Heute rief plötzlich die Agentur für Arbeit an, wir hätten ein Stellenangebot aufgegeben.
Meinen Chef drauf ansprechen
Hast Du Deinen Chef über den Anruf der AA informiert? Wenn nein, warum nicht? Der Anruf war für ihn, also mußt Du ihn minimal über die Tatsache informieren, dass die AA angerufen hat und "irgendetwas" von ihm wissen wollte. Dass Du von der Stellenanzeige für mutmaßlich Deinen Arbeitsplatz weißt, mußt Du nicht offenbaren.
Entweder hat Dein Chef gemerkt, dass die Arbeit für einen zu viel ist (sehr gut), oder dass die Arbeit für Dich zu viel ist. Auch gut. Eine Chance, Dinge beim nächsten Arbeitgeber richtig anzugehen.
Obwohl ich ja so direkt nichts dafür kann.
Nun bin ich natürlich traurig aber auch sauer und ich überlege was ich tun soll.
Aufhören, in Selbstmitleid zu zerfließen.
oder versuchen maximale Leistung zu bringen.
Wenn der einzige Weg, dich zu Leistung zu motivieren die drohende Kündigung ist, dann solltest Du mal sehr intensiv über Deine Einstellung zur Firma und zum Job nachdenken.
Bist Du sicher, dass Du den richtigen Job in der richtigen Firma hast? Wenn nein, warum arbeitest Du da noch? Warum hast Du Dich noch nicht auf andere Stellen beworben, für die Du Dich begeistern kannst?
Ich entwickle Software aus tiefster Überzeugung, und ich muß mich an mehr als einem Tag zwingen, endlich den Rechner auszuschalten und nach Hause zu gehen. Ich will keinen anderen Job haben.
Andererseits geht mir hier einiges dermaßen auf die Nerven, dass ich mindestens einmal im Monat darüber nachdenke, alles hinzuschmeißen und mir einen anderen Arbeitgeber zu suchen, der mich einfach das machen läßt, wofür ich brenne, nämlich Software entwickeln.
Ich denke, ich werde hier nicht bis zur Rente arbeiten.
Noch eines: Nimm keine Arbeit mit nach Hause. Nie. Dein Privatleben muß Dein Heiligtum sein, in dem Deine Arbeit nichts verloren hat. Sobald Du das Firmengelände verläßt bzw. Dich ausgestempelt hast, läßt Du alle Probleme im Büro zurück, egal wie sehr sie brennen.
Wenn Du auf dem Klo, unter der Dusche oder im Auto plözlich einen genialen Einfall hast, der ein Arbeitsproblem löst, mach Dir eine Notiz, und kümmer Dich am nächsten Tag darum.
Wenn Du an nichts anderes denken kannst, such Dir verdammt noch mal ein Hobby. Kochen, Blumen züchten, Karnickel vermehren. Geh joggen. Geh schwimmen. Trainiere für einen Triathlon. Saniere ein Haus. Restauriere einen Oldtimer. Doziere an der Volkshochschule. Kümmer Dich um benachteiligte Kinder. Aber verdammt noch mal, halte Die Arbeit aus Deinem Privatleben raus.
Alexander
--
Today I will gladly share my knowledge and experience, for there are no sweeter words than "I told you so".