Hej Auge,
Ja, das Argument „Wer das so gelernt hat, darf es auch weiter so benutzen“ wurde bei der Einführung der neuen Rechtschreibung von den offiziellen Stellen ausdrücklich so gebracht, um die Schriftsteller, die öffentlich (und meiner Meingung nach allzu oft recht weinerlich) um die Form ihrer Werke bangten, zu beruhigen.
Die Schriftsteller die ich kenne, haben ihre Kritik allerdings meist gut und objektiv begründet und waren in einer Linie mit Linguistikern, die vor allem die Verwischung hilfreicher entomologischer Zusammenhänge beklagt haben.
Natürlich war da auch fundierte Kritik dabei, die sich zum Beispiel auf fragwürdige Herleitungen von Wortstämmen und die vielgescholtene, oft sinnentstellende Auseinanderschreibung von ehedem zusammengeschriebenen Wörtern bezog. Und die kam nicht nur von Schriftstellern.
Oft war aber auch davon zu lesen, dass man sich als Autor nicht vorschreiben lassen wolle, wie man schreibe, eben das, was nach den Aussagen offizieller Stellen niemals zur Debatte stand.
Das stimmt, das kann man als weinerlich auffassen.
zum man sich das selbst dann nciht vorschreiben lassen muss, wenn die neue Rechtschreibung für alle verbindlich gewesen wäre. Es gibt ja etwas wie "künstlerische Freiheit".
Nur wer den Nietzsche kennt, weiß was ich leide meine. (Frei nach Goethe, der auch immer geschrieben hat, wie er es für richtig und sinnvoll hielt und damit die moderne deutsche Sprache entscheidend geprägt hat).
… Auch wird „Zähne“ meist als Zehne gesprochen.
Das wort Zähne wird aber, wie schon immer™️, mit „ä“ geschrieben oder willst du mir weismachen, das wäre jetzt anders und man schriebe stattdessen von „Zehnen“ (solange es nicht die glorreichen solchen sind)?
Ja, habe ich auch bemerkt, dass meine Intention nicht klar war. Ich meinte: man schreibt weiterhin Zähne, obwohl man Zehn spricht. Also ist die angebliche Vereinfachung nicht logisch ableitbar und daher dann doch (für mich zumindest) schwerer erlernbar.
Die Rechtschreibreform hat ja in vielen Fällen nicht mehr Logik gebracht, sondern weniger, indem sie einfach die Falschschreibungen von linguistisch ungebildeten Menschen ohne weiteren Grund als korrekte Schreibweise standardisierte mit der Absicht, weniger Rechtschreibfehler zu erhalten und der Begründung: die Sprache hat sich nun mal gewandelt, wir müssen die Wörterbücher den tatsächlichen Gegebenheiten anpassen.
Man hätte ja auch den umgekehrten Weg gehen können und versuchen, Sprache logischer und nachvollziehbarer zu machen. Das hätte mittelfristig vielleicht zu noch weniger Falschreibungen geführt.
Hat man nur nicht versucht.
Na ja, neue Worttschöpfungen füllen die entstandenen Lücken und letztendlich scheint mir im Nachhinein die Befürchtungen sind nicht eingetreten. Im Gegenteil war die Rechtschreibreform wohl eher ein Katalysator für eine Erneuerung
Naja, komischerweise wurden einige neuen Regeln im Laufe der letzten zwanzig Jahre wieder zurückgenommen.
Da sind also doch ein paar Befürchtungen eingetreten und haben die Notwendigkeit von Nachjustierungen gezeigt. Jenseits der Aufregung der ersten Jahre nach der Reform bemerkt man diese aber wohl erst dann, wenn man ein Wörterbuch bemühen muss und ein aktuelles zur Hand nimmt.
Keine Ahnung, warum die Nachjustierungen (die ich nicht schlimm finde, so etwas ist immer nötig bei großen Änderungen) weniger Unbehagen ausgelöst haben. Vermutlich liegt hier etwas ähnliches zugrunde, wie bei der Einwanderungsdebatte: neues (fremdes) ist doof, altes (bekanntes) ist super.
Wenn etwas bekanntes wiedereingeführt wird, stört das viel weniger Menschen, als wenn etwas neues kommt.
die auch durch Zuwanderung beschleunigt wird.
Keine Ahnung, ob das so ist, die meisten neuen Worte kommen heutzutage ja üblicherweise auch ohne Zuwanderung aus dem englischsprachigen Raum. Welche afrikanischen oder arabischen Begriffe sind in den letzten Jahren in die deutsche Sprache eingesickert oder gar -geflossen?
Kanaksprech? Hip-Hop? Da gibt es schon einiges, was sich in der deutschen Sprache geändert hat, weil Menschen hier leben, die deutsch nicht als Muttersprache sprechen. Der Ruhrpott-Dialekt ist ganz maßgeblich durch die vielen polnischen Einwanderer beeinflusst worden, obwohl mir kein einziges polnisches Lehnwort einfällt (vermutlich gibt es das eine oder andere).
Einfluss kann sich - wie wir hier gerade in Bezug auf die Rechtschreibreform zu sehen - auf andere Schreibweisen, andere Grammatik, andere Wortwahl (Semmel in einer Gegend, wo die deutschen meist von Brötchen sprechen) ausdrücken, auch eine andere Aussprache, die sich wiederum dann auf die Schreibweise auswirkt (so lange wir die korrekte Schreibweise nicht kennen, versuchen wir Worte wie Portemonnaie so zu schreiben, wie sie sich anhören).
Ich sach dat getz einfachma so.
Marc