Sehr geehrter Herr Gravenreuth,
Überraschen ist der extrem niedrige Streitwert unterhalb der Revisionsumme!
Für mich stellt sich daher die Frage:
Hat Herr Münz Angst vor dem BGH oder reicht das Geld (noch) nicht?
Das erscheint mir ehrlich gesagt als eine sehr merkwürdige Rechtsauffassung. Schließlich sollte der Streitwert schlicht und einfach eine neutrale Größe darstellen, die den Schaden für die geschädigte Partei bewertet. In diesem Sinne würde ich mich nicht über einen sehr niedrigen Streitwert wundern, denn es ist wohl jedem klar, daß der Firma Symicron kein relevanter Schaden durch einen Link auf den FTP-Explorer verursacht wurde (ich denke, der Imageschaden, den die Abmahnungen verursacht haben, ist um Größenordnungen höher).
Der Streitwert sollte also eigentlich dadurch festgesetzt werden, daß man eine sachliche Bewertung trifft, und nicht dadurch, daß man zuerst schaut, wie hoch der Streitwert sein muß, daß man z.B. eine ordentliche Abmahngebür bekommt, oder noch ein Revisionsverfahren dranhängen kann. Denn ein solches Rechtsverständnis führt unser Rechtssystem ad absurdum, in dem die Streitwertbegrenzung für Revisionen ja gerade sicherstellen soll, daß Entscheidungen kleineren Ausmaßes nicht die obersten Gerichte belasten.
Da ein solches positivistisches Rechtsverständnis ('wenn das Recht es zuläßt, und Du profitierst, dann tu' es') unter Anwälten leider recht verbreitet ist, würde ich mich nicht wundern, wenn es dann zu etwas zynischen Beurteilungen des ganzen Berufsstands kommt (siehe die anderen Postings). Es sollte schon nachdenklich stimmen, wenn jenseits der gedruckten Gesetzestexte bei vielen Anwälten keine weitere ethische Reflexion hinsichtlich der 'Rechtlichkeit' einer Klage stattfinden. Ein solches Rechtsverständnis unterhöhlt auf die Dauer jedes Rechtssystem, da Gesetze nicht mehr im Rahmen des des gemeinsamen Rechtsverständnisses der Gesellschaft interpretiert, sondern nur noch nach als Mittel betrachtet werden, wenn möglich, die eigenen Ziele durchzusetzen.
mit Grüßen
Stephan Huber