Knut Nickol: Scannen und Lesegeschwindigkeit im Web

Hallo,

bei einem Gespräch mit einem Kunden kamen wir auf folgende Themen:

Wieviel Informationen werden bei Webseiten überhaupt aufgenommen?

Es ging hier um

  • die Lesegeschwindigkeit (von Print- bzw. Web-Medien)
  • die Aufnahme der gesamten Seite (Design/Layout/Info's)
  • den schnellen Zugang zu den wichtigsten Informationen
  • die emotionale Reaktionen auf das Angebot.

Der Usability-Guru Nielsen meint, dass sowieso nur ca 20% der Inhalte im Web überhaupt gelesen und die Seiten im Prinzip lediglich gescannt werden.

Ich behaupte es ist noch weniger.
Jeh erfahrener der Benutzer ist, umso schneller nimmt er die Info's auf und umso mehr wird gescannt bzw. weniger richtig erlesen.

Ich habe dabei mein eigenes Surfverhalten herangezogen und gehe davon aus, dass die Gemeinde hier eher zur erfahrenen Benutzergruppe im Web gehört :) und somit eventuell gewillt ist die eigenen Erfahrungen im Benutzerverhalten objektiv zu schildern.

Danke vorab.

Gruss Knut

  1. Hi,

    ich denke schon, dass sich das Verhalten im Laufe der Zeit ändert. Ist ja auch logisch.

    Egal was man macht: je häufiger, umso schneller. :)

    cu indi

  2. Hallo Knut,

    Der Usability-Guru Nielsen meint, dass sowieso nur ca 20% der Inhalte im Web überhaupt gelesen und die Seiten im Prinzip lediglich gescannt werden.

    Das liegt daran, dass auf den meisten Webseiten auch gar nicht mehr als 20% der zur Verfuegung stehenden Flaeche fuer Inhalte genutzt werden. Viele Seiten enthalten nicht mehr als ein, zwei Saetze, die man wirklich lesen muss, um sie zu verstehen. Der Rest ist buntes Beiwerk, im guenstigsten Fall angenehm, im schlechtesten nervig.

    » Jeh erfahrener der Benutzer ist, umso schneller nimmt er die Info's auf und umso mehr wird gescannt bzw. weniger richtig erlesen.

    Ich betrachte es lieber von der Anbieterseite aus: je uninteressanter der Webseitenanbieter schreibt, desto weniger wird davon gelesen. Wenn ich z.B. einen Heise-Artikel oder ein Klinger-Webtagebucheintrag online lese, den ich interessant finde, dann lese ich den auch mit der dafuer noetigen Zeit und nicht schneller, als ich eine Zeitschrift oder ein Buch lesen wuerde. Aber bei den meisten Blabla-Seiten gibt es halt gar nichts zu lesen. Wozu sollte ich da mehr tun als scannen?

    Ich sehe zwar ein, dass das "Gefuehl der Informationsfuelle", das im Web fuer jedermann erfahrbar wird, insgesamt zu beschleunigtem Lesen fuehrt (man nimmt sich heute nicht mehr so viel Zeit, um einen Text zu lesen, wie im Zeitalter der Handschriften). Doch das trifft letztendlich auch auf den immer gewaltiger werdenden Buchstabenberg der Printmedien zu. Aber ich behaupte, dass im Web genauso intensiv gelesen wird wie in Printmedien, wenn der Inhalt so ist, dass er ein aufmerksames Lesen erfordert und der Anwender merkt, dass es Sinn macht, dem Text die noetige Aufmerksamkeit zu schenken - einfach weil der Text neue Informationen, interessante Gedanken usw. enthaelt.

    Eine andere Sache ist noch die, dass viele Anwender noch einen zeitgetakteten Internetzugang verwenden. Dass es dem lesenden Verweilen nicht gerade foerderlich ist, wenn jede Minute Geld kostet, ist klar. Doch dieses Problem wird ja hoffentlich im Laufe der kommenden Jahre allmaehlich verschwinden, wenn zeitlich unbegrenzte Pauschaltarife, die sich eher nach Traffic-Mengen staffeln, sich weiter durchsetzen.

    viele Gruesse
      Stefan Muenz

    1. Hallo Stefan,

      leider ist das surfen in deutschland tatsächlich meist wie in einer peep-show und für ein gründliches lesen nicht unbedingt förderlich.

      Jeh erfahrener der Benutzer ist, umso schneller nimmt er die Info's auf und umso mehr wird gescannt bzw. weniger richtig erlesen.

      Ich betrachte es lieber von der Anbieterseite aus: je uninteressanter der Webseitenanbieter schreibt, desto weniger wird davon gelesen.

      Das sehe ich ähnlich. Leider wird die wirklich wichtige Tätigkeit des Schreibens von vielen Entscheidern nicht realisiert. Ist doch ein peppiger oder mit Humor geschriebener Text fesselnder als die Bestimmungen zur Steuererklärung, obwohl diese durchaus wichtiger sein können :)

      Ich denke aber, daß ein Websurfer im Laufe der Zeit lernt schneller durch Angebote zu navigieren und auch schneller eine Seite aufzunehmen und zu realisieren, ob der Auftritt die Info's enthällt, die gesucht werden, usw.

      Gruss Knut

      1. Hallo Knut,

        Ich denke aber, daß ein Websurfer im Laufe der Zeit lernt schneller durch Angebote zu navigieren und auch schneller eine Seite aufzunehmen und zu realisieren, ob der Auftritt die Info's enthällt, die gesucht werden, usw.

        Wobei da wohl auch vieles davon abhaengt, inwieweit sich gewisse defacto-Standards immer mehr durchsetzen. Vielleicht erleben wir ja im Web einen aehnlichen Verlauf der Dinge wie seinerzeit beim Anwendungsdesign in der Fensterwelt. Ein Programm etwa, wo heute die Menueleiste nicht mit File - Edit - View beginnt, faellt ja schon aus dem Rahmen und wird manche Anwender ganz aus dem Konzept bringen. Schon jetzt gibt es ganz aehnliche defacto-Standards im Web bei Seitenaufteilung, Navigation usw. Trotzdem ist heute wiederum manches schwieriger als am Anfang, wo alle Links blau waren, alle Seiten grau  und alle Texte schwarz. Die heute praktisch beliebigen Gestaltungsmoeglichkeiten haben dem Web durchaus einiges von seiner urspruenglichen Einheitlichkeit und leichteren Bedienbarkeit genommen. Musste man damals nur seinen Browser kennen und auf die blauen Links klicken koennen, so muss man sich heute bei jedem Angebot an andere Farben gewoehnen, grosse und kleine Schriften, grafische und textuelle Links, Frames und Nichtframes usw. Das Web ist dadurch natuerlich um viele Attraktionen reicher geworden - aber es ist dadurch auch die Situation entstanden, dass Anwender das Web nicht mehr als Einheit wahrnehmen, sondern als eine Plattform fuer zahllose unterschiedliche Angebote. Wenn man mal ganz traurig sein will, koennte man sagen, mit dem Abschied von HTML 2.0 ist das Zeitalter des informationellen Kommunismus im Web zuende gegangen ...

        Oh weia, jetzt bin ich aber abgeschweift *g*

        viele Gruesse
          Stefan Muenz

        1. Hallo Knut,

          Ich denke aber, daß ein Websurfer im Laufe der Zeit lernt schneller durch Angebote zu navigieren und auch schneller eine Seite aufzunehmen und zu realisieren, ob der Auftritt die Info's enthällt, die gesucht werden, usw.

          Wobei da wohl auch vieles davon abhaengt, inwieweit sich gewisse defacto-Standards immer mehr durchsetzen. Vielleicht erleben wir ja im Web einen aehnlichen Verlauf der Dinge wie seinerzeit beim Anwendungsdesign in der Fensterwelt.

          Na daran war der Microsoft-Styleguide für Anwendungen schwer beteiligt und nachdem ich mich mit Styleguides beschäftige muss ich sagen, dass der nicht schlecht war (am besten war der fehlende Styleguide für Fehlermeldungen).

          Anerlerntes reproduzierbar nutzen ... hm, könnte man sagen, hat hier durchaus in der Fensterwelt ein schnelleres Arbeiten ermöglicht.

          »»Wenn man mal ganz traurig sein will, koennte man sagen, mit dem Abschied von HTML 2.0 ist das Zeitalter des informationellen Kommunismus im Web zuende gegangen ...

          Tja, auch das musste sich entwickeln - heute zappelt es halt ein wenig.

          Oh weia, jetzt bin ich aber abgeschweift *g*

          danke, war sehr interessant.

          Gruss Knut

          1. Hi Knut,

            Tja, auch das musste sich entwickeln - heute zappelt es halt ein wenig.

            Das "zappeln" ist gerade wieder auf dem Rückzug - zwangsweise:

            Animated images should loop
                [ ] As many times as the image specifies
                [ ] Once
                [X] Never

            (aus meinen Preferences-Einstellungen von Mozilla 0.9.7)

            Viele Grüße
                  Michael

            1. Hi Knut,

              Tja, auch das musste sich entwickeln - heute zappelt es halt ein wenig.

              Das "zappeln" ist gerade wieder auf dem Rückzug - zwangsweise:

              Animated images should loop
                  [ ] As many times as the image specifies
                  [ ] Once
                  [X] Never

              (aus meinen Preferences-Einstellungen von Mozilla 0.9.7)

              Viele Grüße
                    Michael

    2. Hi Stefan,

      Der Usability-Guru Nielsen meint, dass sowieso nur ca 20% der Inhalte
      im Web überhaupt gelesen und die Seiten im Prinzip lediglich gescannt
      werden.
      Das liegt daran, dass auf den meisten Webseiten auch gar nicht mehr als
      20% der zur Verfuegung stehenden Flaeche fuer Inhalte genutzt werden.

      ich sehe keinen direkten Zusammenhang zwischen diesen beiden Aussagen.

      Wenn die Seiten nur zu 20% Inhalt enthalten und von diesem nur 20% gelesen
      werden, dann werden insgesamt nur 4% des publizierten Gesamt-Volumens tat-
      sächlich gelesen.

      Ich beziehe Nielsens Aussage aber tatsächlich auf diese 4%.
      Selbst wenn die von Dir genannten 20% extrahiert sind (beispielsweise in
      einem Bleiwüstenartikel, wie ich selbst gerne welche schreibe ;-), möchte
      der Leser immer noch gerne nur 20% scannen, statt 100% zu lesen.

      Deshalb ist ja auch in dem immerhin werbefreien SELFHTML die ausgiebige
      Infrastruktur mit Kapitelnamen, Icons, Hervorhebung von Schlüsselworten
      etc. so hilfreich.

      Viele Grüße
            Michael

      1. Hallo Michael,

        Wenn die Seiten nur zu 20% Inhalt enthalten und von diesem nur 20% gelesen werden, dann werden insgesamt nur 4% des publizierten Gesamt-Volumens tatsächlich gelesen.

        *g*, jo, da hab ich wohl einen Bezugspunkt in meiner Berechnung angenommen, der nicht ganz der gaengigen Mathematik entspricht. Was ich sagen wollte war: die meisten Webseiten bieten eh nicht mehr als 20% Inhalt, gemessen an der Pixelflaeche, die sie einnehmen. Also liest jemand, der nur 20% von dieser Pixelflaeche liest, im guenstigen Fall und wenn er schlau ist, genau die 20%, die den eigentlichen Inhalt darstellen.

        Ich beziehe Nielsens Aussage aber tatsächlich auf diese 4%.

        Kann schon sein, dass er es so meint. Ich wollte ja auch dagegen reden, weil ich mit Nielsens Aussage nicht ganz einverstanden bin. Eben weil sie meiner Ansicht nach nur auf jene Webseiten zutrifft, die durch ihre weitgehend von eigentlich lesbarem Inhalt befreite Aufmachung gar nichts anderes herausfordern, als sie weitgehend nur zu scannen. Ein Werbeplakat lese ich ja auch nicht, sondern scanne es. Und bei einer Webseite, die aussieht wie ein Werbeplakat, mache ich es eben genauso. Ist ja nicht meine Schuld, wenn die Marketing-Fritzen der Meinung sind, der Webauftritt ihrer Firmen gehoere in die Hand von Werbeagenturen...

        viele Gruesse
          Stefan Muenz

  3. Hallo,

    ja, Herr Nielsen.... aber lassen wir das ;-)

    Ich denke, es kommt eben auch darauf an. Biete ich bestimmbare, konkrete, auffindbare Information an, von der ich weiß, daß sie den leuten wichtig ist, dann darf es ruhig etwas mehr sein. Anleitungen, Testberichte oder Hilfen zu html (gibts ja in diesem Raume die eine oder andere ;-) ) lese ich und sicherlich die meisten suchenden auch mal gerne "Satz für Satz". Natürlich scanne auch ich einen solchen Text und habe ich dabei schon mein Brett vom Kopf gerissen, dann reicht das auch. Aber ich lese auch gerne noch ganze Sätze.

    Weiß ich gar nicht, was ich will (surfe also von Welle, äh, Seite zu Seite) oder habe ich das Gefühl, der Seitenanbieter will mir erklären, was ich will, dann lese ich weniger.

    Das Problem ist nicht unbedingt das Medium. Das Problem sind die Besucher. Die meisten Deutschen lesen eh kaum noch. Warum ist denn die Zeitung mit den kurzen Sätzen und knalligen Artikel die beliebteste Deutsche Tageszeitung? Die Leute sind kaum noch in der lage, längere Sinnzusammenhänge lesend aufzunehmen, und auch das (wunderbare) Buch Harry-Potter kann unseren Jugendliche "en Block" kaum noch zum lesen (-üben) bringen.

    Das medium Web sollte sich nicht sooo wichtig nehmen um zu glauben, die Lesegewohnheit der Surfer sei ausschlieslich "wegen dem Medium" eine adere als im "realen Leben". Die Leute wollen nicht lesen. Sie wollen es eigendlich auch gar nicht sooo genau wissen. Informationen bitte in ein-einhalb-Minuten häppchen mit einem jingel unterlegt und mittels Werbestimme. Mehr schaffen die nicht. Und immer wieder eine Sinnfreie Pause, im Web eben Sinnfreies Blendwerk, damit auch der Geist mal pinkeln gehen kann....

    Chräcker

    http://www.Stempelgeheimnis.de