Stefan Muenz: Anzahl der Web-Angebote nimmt ab

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Liebe Forumer,

mal wieder ein zaghafter Versuch, um gegen die Lawine der reinen Code-Diskussionen anzukaempfen:

in einer Heise-Ticker-Meldung (http://www.heise.de/newsticker/data/jk-03.01.02-000/) wird auf eine Studie des Services Netcraft hingewiesen, der zufolge die Anzahl der im Web angebotenen Sites (also "Web-Angebote", "Web-Projekte") im Jahr 2001 erstmals ruecklaeufig war. Zwar war insgesamt noch ein Zuwachs zu verzeichnen, doch wiesen zwei Monate (August und Dezember) erstmals geringere Summen aus als ihre jeweiligen Vormonate.

Die "Summen", von denen dabei die Rede ist, sind natuerlich nicht gerade so beunruhigend, dass man von einem Aussterben des Web reden kann: 36.276.252 Web-Angebote weltweit sind immerhin noch so viel, dass man, wollte man auf jedem davon 1 Minute lang verweilen, mehr als 69 Jahre benoetigen wuerde. Bei diesen 36 Millionen sind aber natuerlich auch unzaehlige kleine, fuer eine breitere Oeffentlichkeit kaum interessante Homepages mit dabei. Zieht man dann noch alle Angebote ab, die in Sprachen vorliegen, mit denen man selber nichts anfangen kann, reduziert sich die Zahl schon deutlich.

Die leicht ruecklaeufigen Zahlen der Angebote - bei gleichzeitig weiterhin steigenden Neu-User-Zahlen - lassen sich vielleicht aber auch als Vorboten einer neuen Entwicklung im Web interpretieren: danach "sterben" vor allem Angebote mittlerer Groessenordnung und Bedeutung. Sie haben einfach Probleme, gegen die jeweils groessten und vermeintlich besten Angebote ihrer Kategorie zu bestehen. Die Grossen werden dagegen immer groesser und ihre Bedeutung waechst immer weiter. Unproblematische Existenzen fuehren daneben jene zahlreichen Angebote, die gar keinen Anspruch auf breitere Oeffentlichkeit erheben - also private Homepages, elektronische Visitenkarten usw. Koennte es also sein, dass das Web in einigen Jahren nur noch aus einigen wenigen Anbietern besteht, die wirklich "publik" sind und im eigentlichen Sinne im Web "publizieren", waehrend daneben nur noch die Goldfisch-Homepage ohne tieferen Anspruch weiterbesteht?

Das Problem ist sicherlich ein redaktionelles. Denn Seiten zu "basteln" - also die technische Komponente - ist etwas, das vielen Leuten noch eher zugaenglich ist, als die redaktionelle Komponente - also Seiten mit Inhalten zu fuellen, aktuell zu halten und zu erweitern. Das geht normalerweise nur mit einem ganzen Redaktions-Team, oder in Ausnahmefaellen auch mit voellig im Schreiben aufgehenden Individuen wie etwa bei manchen Webloggern.

Es zeigt jedoch deutlich, dass die redaktionelle Komponente von vielen Anbietern einfach immer noch voellig unterschaetzt wird. Noch immer gehen viele Anbieter mit der Einstellung an den Start: "erst mal ein geiles Design - und dann mal gucken woher den Content nehmen". Inhaltlich existiert meistens nur ein vages und unausgereiftes Konzept. Kann das auch daran liegen, dass zwar viele Seitenanbieter ihre Besucher mit tollen Designs "verblueffen" wollen, ihnen aber ansonsten nicht einfach so irgendwas - naemlich wertvolle Inhalte - "schenken" wollen? Fehlt den meisten Seitenanbietern also vielleicht einfach die richtige Einstellung zu "freier Information"?

Viele Fragen - und zugegebenermassen nicht gerade sauber sortiert. Aber ihr sollt ja auch noch was dazu sagen ... ;-)
Es wuerde mich auch freuen, wenn sich in so einem Thread hier auch mal Leute zu Wort melden, die sonst nur Fachfragen stellen und sich maximal noch fuer die Antworten interessieren, die sie darauf erhalten. Oder Leute, die sich sonst nur trauen, auf Fachfragen aus ihrem Spezialgebiet zu antworten.

viele Gruesse
  Stefan Muenz