Sönke Tesch: Anzahl der Web-Angebote nimmt ab

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Die "sinkende Qualitaet" gibt es aber tatsaechlich - ich sehe sie vor allem bei dem, was ich mal als "Pseudo-Websites" bezeichnen moechte:  das sind diese abertausende von Sites des Typs www.irgendein-interessantes-wort.de, die sich mit den immer gleichen dreispaltigen Tabellenlayouts im Stil eines grossen Portals praesentieren, aber eigentlich neben dem zentralen Werbebanner nur ein paar Pseudo- oder Second-Hand-Infos zu ihrem Thema anbieten und eine lieblose Auswahl an Links zu anderen Angeboten. Ich frag mich, wer so was macht, und was damit so toll zu verdienen ist? Finanziert sich so etwas tatsaechlich ueber die Werbebanner?

Sicher nicht, solche Seiten sind Nachwehen dessen, was man bis Ende 2000 dachte: Internet=Goldgrube. Bis vor wenigen Monaten konnte man doch mit den dämlichsten Ideen die größten Finanzspritzen abholen (irgendwer hat mal ein oder zwei Millionen US-Dollar für eine Hühnermistbörse bekommen). Mit dem Finanzkollaps all der tollen dot.coms entschwinden auch deren Angebote.
Ob sich das nun in -dieser einen- Statistik nachweisen lässt, glaube ich allerdings nicht so recht. Aber grundsätzlich nachweisen kann man das durchaus.

Und gewissermaßen sind diese Seiten übrigens auch Vorboten. Über kurz oder lang wird auch im Internet das gelten, was für Zeitungen und Magazine aus Papier gilt: Finanzierung über Werbung langt nicht, für gute Angebote, die sich selbst tragen sollen, müssen auch Abo-Gebühren her. Das wird bei den meisten sicherlich auf eine Mischung aus kleinen kostenlosen Bereichen plus erweiterten kostenpflichtigen herauslaufen.

Einige scheinen aber noch nicht begriffen zu haben, daß das Internet für sich als Universalprodukt und Selbstläufer nichts taugt, sondern eher als neue Form des guten alten Papiers anzusehen ist. Das Netz trägt die Produkte zum Kunden, aber es ist kein Produkt.
Konkret hat man dabei übersehen, daß auch für das Netz alte Kaufmanns- und Hausfrauen-Regeln gelten: Es konnte mir beispielsweise bis heute niemand erklären, warum ich (oder mein Super-Duper-Internet-Kühlschrank) einen Liter Milch für 90 Pfennig online bestellen soll und wer dann die 10 Mark für den Lieferdienst übernimmt. Ich jedenfalls nicht, da fahr' ich lieber selber. Und das die Sklaverei wieder eingeführt wird, ist wohl doch eher unwahrscheinlich.

Zum zweiten sieht man bei den Firmen, die reelle Produkte und Dienste anbieten, jetzt das, was es schon vor zig Jahren gegeben hat: eine neue Technik wird populär, viele versuchen, mit dieser Technik Geld zu machen und von diesen vielen gehen 95% kurze Zeit später zu Grunde. Wieviele von den Hunderten Autoherstellern und Eisenbahngesellschaften sind denn aus den Anfangsjahren heute noch übrig?

Im Internet geht das ganze lediglich wesentlich schneller, weil es für diejenigen, die das Geld anschleppen (also die Kundschaft) nur eine Frage von wenigen Tastendrücken ist, um zum besseren Angebot zu kommen.
Bestes Beispiel für Aufstieg, Monopolisierung und dadurch Niedergang der Konkurrenz: Online-Flohmärkte wie eBay und Co.

Allgemein sinkende Qualität kann ich im übrigen nicht erkennen. Das Angebot ist so gut oder schlecht, wie es immer war - lediglich die Akteure wechseln ;)

Bei der Qualität muß man nebenbei bemerkt zwischen Inhalt und "Darbietung" (im Sinne von Benutzerführung, die Optik ist Geschmackssache), unterscheiden. Während man über ersteres noch hinwegsehen kann, ist letzteres leider allzu häufig eine Katastrophe, egal ob kleine oder große Anbieter.

In Deutschland ist finde ich die laxe Vergabepolitik bei de-Domains mit Schuld an dieser Misere. [..] Aber die praktisch geschenkten de-Domains fuer jeden der sie haben will halte ich nicht fuer foerderlich. Web-Adressen werden dadurch regelrecht entwertet, weil hinter der Mehrzahl der Domainnamen entweder gar nichts oder - schlimmer - wieder so eine 0815-Site steckt, die eigentlich nur so tut, als ob sie irgendwas Eigenes anzubieten haette.

Wie sollte man das denn sonst bzw. überhaupt regeln? Soll jeder, der eine Domain haben möchte, erstmal eine dreiseitige "Entschuldigung" für sein Anliegen abgeben müssen? Wie möchtest du sicherstellen, daß der Name "xyz.de" nicht "entwertet" wird? Das läuft doch IMHO irgendwo darauf hinaus, festzustellen, ob Anbieter X würdig ist, die Domain Y zu besitzen.
Mal abgesehen davon, daß ich das moralisch für falsch halte, ist der Aufwand für so eine Berechtigungsprüfung a) nicht vertretbar und b) manipulierbar und somit nur kontraproduktiv. Die einzige sinnvolle Hürde, die es für die Vergabe von Domainnamen geben kann, ist schlicht und ergreifend das Markenrecht, mit einigen Erweiterungen zum Thema Ortsnamen.

Ohne Zahlen zu kennen behaupte ich davon abgesehen auch mal, daß die meisten Suchenden eine Suchmaschine benutzen, anstatt den gewünschten Begriff in der Adresseleiste des Browsers einzugeben. Der rasende Erfolg von Google, wo man den Wert der Seiteninhalte misst, deutet darauf hin, daß Domainnamen mit der Qualität der Inhalte nichts zu haben und somit auch eine kontrollierte Abgabe nichts ändern wird (außer, das das Netz ärmer wird, weil viele gute Ideen im kleinen entstehen und nicht bei großen Konzernen mit ihren Lobbies).

Gruß,
  soenk.e