Hallo, Dirk,
Die Realität ist meiner Auffassung nach sehr klar - es bleibt einem mehr oder weniger nichts anders übrig, als sich mit diesen Problemen auseinanderzusetzen, da sie sich nicht ändern lassen. (Naja, man könnte natürlich ein komplett anderes Web fordern...)
Es wäre nicht nötig, ein komplett anderes Web zu fordern, nur sollte man sich Gedanken darüber machen, das bestehende Netz darauf vorzubereiten, auch andere Dinge zu transportieren als Texte und JPGs.
Das sehe ich im Grunde genauso, worauf du hinauswillst, wäre aber faktisch ein Web, welches mit dem jetzigen wenig zu tun hätte, da es vielleicht höchstens das Protokoll HTTP mit dem jetzigen teilen würde. Ideen und - natürlich noch nicht etablierte und unausgereifte - Techniken existieren sicherlich. Konsequenterweise wäre dies dann ein strenges Hypermedia-Netzwerk, welches nicht auf Text als Grundinformationsträger ausgeht - damit würde aber auch die segensreiche Einrichtung, dass ein HTML-Dokument trotz multimediellen Inhalten immer auf den (Alternativ-)Text herabstufbar ist, abgeschafft, weil die hohen Zugangsbedingungen bereits stark aussortieren. Wie Cheatah sagt, die Universalität und Flexibilität der jetzigen Webseiten, welche auf einem Großteil der Seiten aktiv als Vorteil vom Autor benutzt wird um Zugangsbarrieren zu minimieren, ließe sich auf ein solches Netz nicht oder nur schwer übertragen. Ob sich das, was du forderst, wirklich Hypermedia nennen könnte, bezweifle ich auch gewissermaßen, denn ich erkenne beispielsweise bei den meisten Flash-Anwendungen keine »Hyper«-Datenorganisation/-struktur, weshalb es auch nicht möglich wäre, sich an bestehenden Web-Konzepten zu orientieren.
Das Hypertext-Web in der jetzigen Form genügt den Ansprüchen, welche an ein Hypertext-Web gestellt werden können, durchaus. Die bestehende Infrastruktur des Webs hat sich über Jahre hinweg bewährt und etabliert, aber genauso sind die Defizite in Richtung Hypermedia eklatant und den meisten durchaus bewusst. Nicht von ungefähr hat eine Technik wie Flash derart an Boden gewonnen, eben weil HTML momentan keine flexible Einbindung von Rich Media erlaubt, beziehungsweise die Browser die bestehenden Standards schlecht unterstützen und bisher keine Schnittstelle zwischen Multimedia-Objekten und JavaScript besteht.
Ich sehe es nicht allzu verbissen, denn trotz der vergleichsweise äußerst beschränkten Möglichkeiten, welche man mit HTML, CSS, JavaScript und eingebetteten Objekten hat, gibt es viele Seiten, die diese Techniken erfolgreich zu nutzen, Seiten, die mich überzeugen und begeistern. Die Kluft zwischen theoretisch Machbaren und den nach den medieneigenen und praktischen Einschränkungen verbleibenden Freiheiten ist zweifellos groß und sicherlich schränkt sich der Autor enorm ein, wenn er sich auf das Web mit den darin verbreiteten Technik einlässt, aber mit den zur Verfügung stehenden Mitteln lässt sich vieles kreativ und ansprechend umsetzen, sofern nicht der Vergleich zu anderen Medien mit anderen Gestaltungsspielräumen gezogen wird. An die Grenzen stößt man ständig, meist sind es äußerst banale, denn selbst wenn eine Seite mit 500 KB hochauslösenden Grafiken optisch atemberaubend aussehen mag, ist es schlichtweg keine Option im Web.
Meines Erachtens geht die Entwicklung da nicht unbedingt in die richtige Richtung.
Ich denke nicht, dass das aktuelle Web einen Weg verfolgt beziehungsweise ein Trend oder eine Enwicklung abläuft, welcher/welche diese Anforderungen außer Acht. Denn wenn Browser erst komplexe CSS-Konstrukte (es steht CSS3 an), weitentwickelte Grafikformate wie SVG sowie das DOM komplett unterstützen, dann eröffnen alleine diese Techniken ungeahnte Möglichkeiten. Falls zusätzlich SMIL im Webkontext interessant sein sollte, lassen sich damit heute unmögliche Anwendungen realisieren. Und darauf arbeitet beispielsweise das W3C durchaus sichtbar hin, und was die Browser in der letzten Zeit in Sachen CSS und JavaScript/DOM zugelegt haben, sollte nicht vergessen werden - vor ein paar Jahren war heute selbstverständliches nur ein grässlicher Krampf. Die Gestaltungsmöglichkeiten haben sich demgegenüber vervielfacht.
Es wird immer versucht, um das starre Gerüst von HTML und CSS drumrum zu bauen und dem User immer mehr Möglichkeiten einzuräumen, sich diese wenigen Inhalte auf seine Art zurechtzulegen, anstatt sich mal vor Augen zu halten, wie unbrauchbar diese Voraussetzungen dafür sind, z.B. bewegte Bilder und Töne damit zu transportieren.
Ja. Dies wird sich aber nicht grundlegend ändern, es wird höchstens eine Spaltung stattfinden, sodass neben dem heutigen Web ein auf einer im Hinblick auf Multimedia-Einbindung spezialisierte Sprache basierendes Netz entsteht. Flash hat das Web gewissermaßen auch neu erfunden und in HTTP/HTML eine Umgebung nach eigenen Regeln erschaffen, sozusagen ein Tunnel.
Es gibt schon genügend Ansätze, Informationen auch anders umzusetzen, z.B. Flash, Video- und Audiostreams etwa durch Real, nur bauen sie alle auf der HTML-Grundstruktur auf, die nunmal dafür nicht unbedingt geeignet ist.
Ja, das Informationskonzept von Flash bricht die Hypertext-Denkweise komplett auf, was nicht nur Vorteile hat. Denn Hypertextseiten sind adressierbare Einheiten mit klar begrenzten Inhalt, weshalb sie beispielsweise durchsuchbar sind. Text aus Flash-Präsentationen zu extrahieren und beispielsweise auszudrucken ist meist schon eine Sisyphosarbeit.
Warum wird es auf diese minimalistische Art des Datentransports reduziert?
Sie ist in ihrer Einfachheit vielfältig. Das Web »basiert« auf Hyper-Text.
»Das Web ist nur insofern ein Textmedium, weil die [geschriebene] Sprache die einzige Informationsart ist, welche sich optisch, akustisch und taktil perzipieren lässt, deshalb wird sie im Hinblick auf Zugänglichkeit als kleinster gemeinsamer Nenner verwendet, da andere auf eine bestimmte Perzeption festgelegte Informationsarten zumindest theoretisch in diese Grundform überführt werden können.«
Grüße,
Mathias