GNU GPL und 'kommerzielle' Nutzung
Jose
- recht
Hallo,
ich hätte da mal ein paar Fragen rund um die GNU General Public License. So wie ich das verstehe, bedeutet in diesem Zusammenhang 'free software', dass ich den Source Code mitbekomme, das Programm ändern und weitergeben darf, weiterentwickelte Programme auch unter der GPL veröffentlicht werden müssen, kurzum, ich das Programm frei verwenden darf. 'Free' heißt aber nicht gratis, d.h., ich darf das Programm durchaus verkaufen bzw. für die Distribution Geld verlangen.
Jetzt habe ich bei einem Programm, das im Internet zum Download angeboten wird, folgende Lizenzbestimmungen gefunden:
"XY is released under the GNU General Public License. If you want to sell an application / site where XY is part of, you can buy a special 'Certificate of Distribution'. This certificate allows you to sell applications/sites with XY."
Angenommen man möchte nun ein Programm unter der GNU GPL veröffentlichen, für den 'kommerziellen' Einsatz aber ein Entgelt verlangen (der Source Code wird natürlich weitergegeben, auch das Recht auf Abänderung und Weiterentwicklung unter der GPL). Ist das mit dieser Lizenz überhaupt möglich? Wie müsste das praktisch Ablaufen, wenn man das Programm zum Download anbietet? Hat da jemand Erfahrung damit? Gibt es eine Lizene, die dafür besser geeignet wäre?
Vielleicht könnt Ihr ein bisschen Licht ins Dunkel bringen und mir hier weiterhelfen.
Vielen Dank im Voraus!
Jose
Hallo,
Jetzt habe ich bei einem Programm, das im Internet zum Download angeboten wird, folgende Lizenzbestimmungen gefunden:
"XY is released under the GNU General Public License. If you want to sell an application / site where XY is part of, you can buy a special 'Certificate of Distribution'. This certificate allows you to sell applications/sites with XY."
Das Programm hat nicht zufaellig was mit "Vorlagen" zu tun :)?
- Ist dieses 'Certificate' so vereinbar mit der GNU GPL?
Kommt drauf an. Ich vermute, dass der Autor die Software auch unter einer anderen Lizenz vertreibt, *falls* der Kunde diese Software in einer nicht-GPL-Software verwenden moechte. MySQL macht das genauso, das ist also nicht ungewoehnlich.
- Wie sieht das praktisch aus, wenn in dem Download nur die GPL enthalten ist und kein Hinweis auf das 'Certificate of Distribution'? Rein theoretisch könnte ich das Programm ja auch von einem Freund haben und dann wüßte ich von diesem 'Certificate' ja nichts? Um wirkungsvoll zu sein, müsste dieser Hinweis auch im Download sein, oder?
Wenn die GPL enthalten ist, steht das Programm auch darunter. Die entsprechenden Einschraenkungen fuer Deine (darauf aufbauende) Software sind Dir ja klar. Sich widersprechende Lizenzen in einem Download sollten eigentlich nicht vorkommen.
- Jetzt bin ich mal sptizfindig. In der GPL heißt es: 'You may charge a fee for the physical act of transferring a copy.' Und weiter unten: 'You may not impose any further restrictions on the recipients' exercise of the rights granted herein.' Wenn ich nun das Programm von der Homepage 'gratis' runterladen kann, dann wäre doch die Einschränkung, beim _Weiter_verkauf eines auf diesem Skript aufbauenden Programmes eine 'Lizenzgebühr' bezahlen zu müssen, eine zusätzliche Einschränkung, oder?
Ja, aber das meint der Autor ja auch nicht. Wenn Du ein auf dem Skript aufbauendes Programm weiterverkaufen willst, muss Dein Code selbst unter der GPL stehen und damit auch der Source zugaenglich sein. Da z.B. Firmen das nicht moechten, muessen sie diesen (externen) Code unter einer anderen Lizenz nutzen. Und fuer diese andere Lizenz will der Autor eben Kohle sehen; von diesem neuen (closed-source) Programm hat er ja auch nichts, Verbesserungen, die dort einfliessen, kann er nicht ohne weiteres in seine eigene Software uebernehmen.
Fuer Deine kommerziellen Sachen empfehle ich Dir den Weg von MySQL. Die leben schon ein paar Jahre, das Modell scheint also zu funktionieren.
Gruss
Thomas
Sup!
Der Trick ist, daß alle Programme, die GPL-lizenzierte Libraries nutzen oder aus GPL-lizenzierten Programmen abgeleitet sind, wieder unter GPL stehen müssen.
Wenn Du aber eine Anwendung völlig neu geschrieben hast, dann kannst Du Sie unter jede Lizenz stellen, denn Du bist ja der Urheber.
Du kannst die Anwendung auch unter verschiedenen Lizenzen herausgeben - Du kannst ja den Quellcode manchen Leuten umsonst geben, und anderen verkaufen - Du bestimmst, es ist Dein Code.
Darum kann man auch den Quellcode einmal unter der GPL herausgeben, und einmal unter einer anderen Lizenz. Damit können auf Basis Deines Codes weitere GPL-Programme entstehen (die niemals kommerziell in Konkurrenz treten können zu irgendwas, was Du schreibst). Du kannst den Code aber auch unter einer anderen Lizenz verkaufen an Leute, die ihn kommerziell auswerten wollen.
Der Clou ist, daß die Lizenzbestimmungen der Lizenzen, unter denen Du Deinen Code herausgibst, nur für die Lizenznehmer gelten, nicht für Dich selbst. Du unterliegst nicht der Lizenz, unter der Du Deinen Quellcode herausgibst. Darum gilt für Dich auch nicht das Verbot der GPL, den Code nicht in kommerziellen Programmen zu nutzen oder ihn zu verkaufen.
Und die Leute, die von Dir den Code kaufen, unterliegen auch nicht den Bestimmungen der GPL, denn Sie haben den Code unter anderen Lizenzbestimmungen direkt von Dir gekauft, und nicht aus irgendwelchen der GPL unterliegenden Paketen bzw. Quellen gezogen.
Du als Urheber bzw. Copyright-Besitzer kannst den Quellcode unter beliebig vielen Lizenzen herausgeben, genau so wie Filmfirmen ihre Filme an Kinos, Verleih-Videotheken und Videoversandhandel unter jeweils anderen Bedingungen ausliefern.
Alles klar?
Gruesse,
Bio
Moin!
Darum kann man auch den Quellcode einmal unter der GPL herausgeben, und einmal unter einer anderen Lizenz. Damit können auf Basis Deines Codes weitere GPL-Programme entstehen (die niemals kommerziell in Konkurrenz treten können zu irgendwas, was Du schreibst). Du kannst den Code aber auch unter einer anderen Lizenz verkaufen an Leute, die ihn kommerziell auswerten wollen.
Du als Urheber bzw. Copyright-Besitzer kannst den Quellcode unter beliebig vielen Lizenzen herausgeben, genau so wie Filmfirmen ihre Filme an Kinos, Verleih-Videotheken und Videoversandhandel unter jeweils anderen Bedingungen ausliefern.
Die Stolperfalle ist die Zweigleisigkeit: Wenn andere Leute am GPL-Programm sinnvolle Erweiterungen vornehmen, sind sie Urheber dieser Erweiterung, und ihr Code steht, weil er die Erweiterung eines GPL-Programms ist, ebenfalls wieder unter GPL. Du darfst dann also diese Erweiterungen nicht in den kommerziellen Zweig des Programms übernehmen, ohne dass du ihn unter GPL stellst oder den Programmierer der Erweiterung um eine Lizenz bittest (die dann natürlich bezahlt werden muß).
Mit anderen Worten: Die GPL ist für so ein zweigleisiges Vorhaben ungeeignet. Es gibt sicher andere Lizenzmodelle, die dem ursprünglichen Urheber gestatten, Verbesserungen der Open-Source-Variante auch in die kommerzielle Variante zu integrieren.
- Sven Rautenberg
Hallo,
erstmals danke für Eure Antworten. Das Modell mit zwei verschiedenen Lizenzen hatte ich auch schon überlegt, ist wahrscheinlich die vernünftigste Lösung.
Trotzdem interessehalber noch eine Frage zur GPL. Wie kann ein Programmierer, der ein Progromm unter der GPL lizensiert, unter der _GPL_-Lizenz auch tatsächlich Geld verdienen? Ich komme da in meinen Überlegungen auf keinen grünen Ast. Erlaubt ist ja nur ein Entgelt für die 'Distribution'.
Wenn ich jetzt z.B. ein Progromm nur auf CD verteile, dann könnte ich für jede CD ein Entgelt verlangen. Der Käufer kann und darf das Programm dann aber ohne weiteres an Freunde weitergeben oder sogar im Internet gratis zum Download anbieten. Wirklich praktisch ist das ja gerade nicht. Da kann ich das Programm ja gleich selber zum Download anbieten.
Ok, ich biete das Programm also selber zum Download an. In den GPL-FAQ steht folgendes: "Does the GPL allow me to charge a fee for downloading the program from my site? - Yes. You can charge any fee you wish for distributing a copy of the program."
Jetzt möchte ich aber, dass nicht jeder für die 'Distribution' bezahlen muss, sondern nur jene, die das Programm für 'kommerzielle' Nutzung runterladen.
Wäre das so unter der GPL möglich? (Ich rede hier ausdrücklich nur von 'unter GPL', dass es mit einer zweiten Lizenz geht, ist mir klar.)
Oder ist das praktisch gesehen, nicht handhabbar, da ich ja nur für die 'Distribution' Geld verlangen darf und ich im Nachhinein nicht feststellen kann, für welche Nutzung jemand das Programm herunter geladen hat. Und wenn er es einmal hat, darf er es ja sowohl 'kommerziell' als auch 'nicht-kommerziell' nutzen.
Unter der GPL Geld zu verdienen, ist, obwohl es ausdrücklich erlaubt ist, also gar nicht so einfach. Ich sehe hier die Möglichkeiten recht eingeschränkt, lasse mich aber gerne eines besseren belehren.
Sollte ich hier Teile der GNU General Public License falsch verstanden haben, wäre ich froh, wenn mich jemand über meinen Irrtum aufklärt. Da man dieser Lizenz immer wieder über den Weg läuft, würde ich wirklich gerne verstehen, welche Rechte und Pflichten damit verbunden sind.
Danke und schöne Grüße!
Jose
Moin!
Trotzdem interessehalber noch eine Frage zur GPL. Wie kann ein Programmierer, der ein Progromm unter der GPL lizensiert, unter der _GPL_-Lizenz auch tatsächlich Geld verdienen? Ich komme da in meinen Überlegungen auf keinen grünen Ast. Erlaubt ist ja nur ein Entgelt für die 'Distribution'.
Was die Verbreitung der Software angeht, hast du recht: Bezahlt werden kann (und wird ja auch - siehe Linux-Distris) für die Erstellung einer Kopie. Die GPL erlaubt aber, die Software selber weiterzugeben. Insofern kannst du dir eigentlich nur sicher sein, exakt eine Kopie zu verkaufen - der Rest des Marktes kann sich die Software dann aus anderen Quellen besorgen.
Ok, ich biete das Programm also selber zum Download an. In den GPL-FAQ steht folgendes: "Does the GPL allow me to charge a fee for downloading the program from my site? - Yes. You can charge any fee you wish for distributing a copy of the program."
Jetzt möchte ich aber, dass nicht jeder für die 'Distribution' bezahlen muss, sondern nur jene, die das Programm für 'kommerzielle' Nutzung runterladen.
Wenn du zum kommerziellen Betreiben der Software zwingend Geld forderst, hast du ein anderes Lizenzmodell, als die GPL. Die GPL kennt meines Wissens nach keine unterschiedliche Einsatzzwecke. Entweder die Software wird genutzt, oder nicht.
Unter der GPL Geld zu verdienen, ist, obwohl es ausdrücklich erlaubt ist, also gar nicht so einfach. Ich sehe hier die Möglichkeiten recht eingeschränkt, lasse mich aber gerne eines besseren belehren.
Du kannst mit Zusatznutzen auftrumpfen. Also Support-Dienstleistungen, bevorzugte Implementierung von Kundenwünschen etc. - halt alle Dienste, die man rund um eine Software noch so anbieten kann. Ohne Geld gibts nur die nackte Software. Und ich halte es durchaus für legitim, dann alle Supportwünsche (oder zumindest die komplizierteren Fälle) in irgendeiner Weise kostenpflichtig abzurechnen. Von irgendwas muß man ja leben.
Allerdings steht das natürlich ein wenig im Widerspruch dazu, wie "man es eigentlich tun sollte". Wären einige der bekanntesten Open-Source-Projekte wirklich so groß geworden, wenn ihre Initiatoren nur die nackte Software zur Verfügung gestellt hätten? Irgendwelche Rückfragen und Anmerkungen kommen bei einer interessanten Software doch immer rein. So gewinnt man auch Mitentwickler. Wenn die erstmal ein Supportkosten-Eintrittsgeld zahlen sollen, kommen sie nicht. Es ist also in der Tat schwierig, da die richtige Balance zu finden.
- Sven Rautenberg
Hallo,
Unter der GPL Geld zu verdienen, ist, obwohl es ausdrücklich erlaubt ist, also gar nicht so einfach. Ich sehe hier die Möglichkeiten recht eingeschränkt, lasse mich aber gerne eines besseren belehren.
Du kannst mit Zusatznutzen auftrumpfen. [...]
Ja, anders wird es nicht gehen. Freie Software ist an sich unter ökonomischen Gesichtspunkten wertlos (Tauschwert, monetärer Wert), sie kann direkt nicht »verwertet« werden, der Autor »profitiert« nach landläufiger Definition davon nicht.
Dazu ist alles im Oekonux-Zusammenhang http://www.oekonux.de/ extrem lesenswert, speziell sei genannt http://www.kritische-informatik.de/fsthesl.htm (u.a. 10) und http://www.kritische-informatik.de/lxwertl.htm, speziell http://www.kritische-informatik.de/lxwertl.htm#3 (genauer gesagt 3.1). Ferner quasi komplett http://www.oekonux.de/liste/faq.html...
Allerdings steht das natürlich ein wenig im Widerspruch dazu, wie "man es eigentlich tun sollte".
Exakt, es sind alles Freier Software nicht entsprechende Konzepte. Man müsste es nachträglich hinzukonstruieren.
Wären einige der bekanntesten Open-Source-Projekte wirklich so groß geworden, wenn ihre Initiatoren nur die nackte Software zur Verfügung gestellt hätten? Irgendwelche Rückfragen und Anmerkungen kommen bei einer interessanten Software doch immer rein. So gewinnt man auch Mitentwickler. Wenn die erstmal ein Supportkosten-Eintrittsgeld zahlen sollen, kommen sie nicht. Es ist also in der Tat schwierig, da die richtige Balance zu finden.
Das würde gar nicht gehen, denn es widerspricht dem Entwicklungsmodell (beziehungsweise speziell der Arbeitsorganisation) Freier Software. Die Leistungsanreize des Marktes fehlen, und da die Mitarbeit aus freien Eigeninteressen abläuft, würde niemand dafür Geld bezahlen, an Freier Software mitarbeiten zu dürfen (welch unpassende Vorstellung). Menschen versammeln sich dazu in der Regel aus rein nicht-ökonomischen Interesse, aus Spaß oder - wie in obigen Quellen meist genannt - zur Selbstentfaltung.
(Meintest du Freie Software oder Open Source? Ich nahm bei meinen Kommentaren Freie Software/Copyleft im Sinne der FSF an.)
Grüße,
Mathias