Moin!
Doch, das darf er gerne glauben, und es kommt bei echten Sachfragen auch durchaus vor, daß noch morgens um 4.30 Uhr eine erchöpfende und hilfreiche Antwort kommt. Allerdings eben bei einer Sachfrage, und nicht bei einer so schwierigen und eigentlich nicht beantwortbaren Anfrage.
Es ist kurz nach 4:30, und hier kommt eine erschöpfende und hilfreiche Antwort auf eine schwierige und eigentlich nicht beantwortbare Anfrage.
;)
Wenn man zu irgendeiner der Firmen der "new economy" geht und sich mit der Bemerkung vorstellt: "ich kann HTML und CSS und Javascript und will bei euch Webdesigner werden", bekommt man günstigstenfalls einen Kaffee. Dann wird man gebeten, ein kleines C-Programm auf einem SOLARIS-Rechner zu schreiben, und dann darf man wieder gehen.
Ich habe keinerlei Erfahrung, was "Firmen der 'new economy'" heutzutage für Anforderungen haben. Deine Abschreckung "mit C-Waffen", die angeblich ins Haus steht, würde ich aber für übertrieben halten.
Ich bin mittlerweile selbständig. Kann auch davon leben. Aber ich kann niemandem empfehlen, aus dem Stand heraus, kurz nach Durchlesen von SelfHTML, unbedarft eben diese Selbständigkeit zu suchen.
Meine "Karriere" führte während des Studiums nach einem eher überraschenden Schwenk hin zu Webthemen über mehrere durchschnittlich bezahlte Studentenjobs, in denen ich zwar mit HTML schon etwas glänzen konnte, die sich sofort anschließenden Themen wie PHP und MySQL aber noch extrem ausbauen mußte, und der unweigerlich erfolgenden Insolvenzen solcher Firmen, immerhin zum angestrebten Hochschulabschluß und der Weiterbeschäftigung als Festangestellter (mehr Geld).
Lernzeit "on the job" mit realen Projekten bei echten Kunden 3 Jahre (seit 2001). Davor nur "hobbymäßige" Beschäftigung. Wohlgemerkt: Für dieses Spezialthema "Web". Mit Computern arbeite ich seit ungefähr 1990 (damals gab es in der Schule den ersten Kurs "Programmieren" in Turbo Pascal), also 14 Jahre. Linux gibt es bei mir seit etwa 1998/99. Logischerweise sammelt sich im Laufe der Zeit eine gewisse Erfahrung an. Und dennoch habe ich nicht den Eindruck, dass dieses Wissen auch nur in der geringsten Weise irgendwie ausreichend wäre, wenn morgen der Hammerauftrag vor der Tür stehen würde.
Was fehlt noch? Ach ja: Content Management Systeme.
Ein schönes Thema. Kein größerer Kunde kommt heutzutage noch ohne aus. Also muß man sie einsetzen. Meist, weil schon eines existiert und die alten Seiten verwaltet. Schlimmer noch, wenn der Kunde eins haben will, aber noch nicht weiß, welches.
Ich darf aus meinem kleinen Einblick in nur ganz wenige Systeme trotzdem sagen: Eine Seite in ein CMS umzusetzen, ist nochmal wieder eine komplett andere Welt, als nur ein paar HTML-Seiten online zu stellen. Jedes System ist anders, jedes System ist an irgendeiner Stelle, die einem überhaupt nicht ins Konzept paßt, Scheiße, und alleine das Einlernen in ein neues System braucht einen erheblichen Anteil der Zeit.
Warum erzähle ich das ganze? Weil ich darstellen will, dass die realen Anforderungen der Praxis weit über das hinausgehen, was in SelfHTML drinsteht. Ich hab beispielsweise kein Wort zur Kundenaquise geschrieben. Weil ich mich um diesen Part in meiner Firma nicht kümmern brauche, sondern das von meinem Partner übernommen wird. Kundenaquise ist nämlich nochmal ein so dermaßen anderes Fachgebiet, das man lernen muß - da helfen einem HTML-Kenntnisse überhaupt nicht weiter.
Ich habe mich so drastisch ausgedrückt, weil ich es zwar wunderschön finde, wenn jemand Zukunftsträume träumt, sich Träume dieser Art aber meiner Erfahrung nach schwerlich auf solchen mehr als dürftigen Grundlsgen so verwirklichen lassen, daß in 50 Jahren immer noch eine ausreichende Rente zustandekommt.
Im Vergleich zur Praxis und Realität kann man sich eigentlich gar nicht drastisch genug ausdrücken.
Was die Titelfrage angeht: Natürlich kann man als Webdesigner überleben. Wenn man was kann und (deshalb) genügend zahlende Kunden hat.
Wenn man aber als Webdesigner gerade erst anfängt, kann man noch nichts und hat keine zahlenden Kunden. Also kann man nicht überleben - allein als Webdesigner jedenfalls.
Insofern waren deine Anspielungen hinsichtlich "Straßenfeger" und "Freizeitbeschäftigung" eigentlich sehr zielgerichtet. "Webdesigner" (oder irgendwas ähnliches) wird man entweder, indem man eine Festanstellung bei einer Firma kriegt, oder indem man das zunächst nebenberuflich macht, um Erfahrungen, Kunden und Referenzen zu sammeln.
Wer aber hinkommt und fragt "Wie kann ich Kunden kriegen?", der ist mit Sicherheit nicht geeignet für die Selbständigkeit, und sollte sich dann exakt in diesem Punkt erst einmal weiterbilden. Es gibt mit Sicherheit Lehrgänge und Seminare für sowas.
Ach ja: Das Seminar "Buchhaltung und Steuererklärung für Selbständige" dann gleich mitbuchen, das Thema kommt sofort, wenn die erste Rechnung geschrieben ist, ebenfalls ohne Rücksicht auf die eigenen Fähigkeiten auf einen zu.
- Sven Rautenberg
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"Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!" (Immanuel Kant)