Hallo,
das Problem bei der Sache ist nicht unbedingt, dass es arm und reich gibt, sondern dass sich die einen nicht in die Lage der anderen versetzen können oder wollen. Sie tun es meist deshalb nicht, weil sie schlicht nicht auf die Idee kommen, dass es jemand anders schwer haben könnte. Jeder ist mit seinen Problemen zu sehr beschäftigt.
Eine kleine Geschichte: Einst traf ich einen entfernten Bekannten auf der Straße. Hab ihn schon seit vielen Jahren nicht mehr gesehen, aber trotzdem wieder erkannt. Wir waren nie enger befreundet, aber irgendwie hab ich trotzdem mal Hallo gesagt. Dabei ist mir nicht entgangen, dass er ziemlich runtergekommen aussah. Nach kurzem Gespräch meinte er auch, er sei jetzt auf Hartz 4 und es läuft alles nicht so toll. Ich erinnerte mich daran, dass ich selbst auch schon schlechtere Zeiten gesehen hatte und nahm die Aussage so hin. Dann erinnerte ich mich daran, was wir früher mal erlebt hatten und schlug spontan ein Treffen zum Bier vor - für mich völlig normal. Mein Gegenüber reagierte sehr zurückhaltend, anscheind war ihm die Situation unangenehm. Ich interpretierte dies als Ablehnung und Desinteresse. Das Treffen löste sich wieder auf und jeder ging seiner Wege.
Später kam mir dann die Erkenntnis, dass der gute Mann vielleicht nur deshalb nicht zugesagt hatte, weil er sich kein Bier für 2,50 EUR leisten konnte. Dann fiel mir ein, dass ich schon öfter mit Situtationen zu tun hatte, wo aus genau diesem Grunde Leute sehr zurückhaltend reagierten - nur dass ich es bei diesen Gelegenheiten wusste.
Obwohl ich also schon vorher ähnliche Situtationen erlebt habe, habe ich die Lage in diesem Falle nicht erkannt, weil ich mir nicht die Mühe gemacht hab, mich in den anderen hineinzuversetzen.
Obwohl ich selbst schon in der Situation war mit nur 5 EUR meinen Wochenendeinkauf zu tätigen, kann ich es mir heute, wo ich 50 EUR für das selbe Vorhaben ausgebe, kaum vergegenwärtigen, wie das früher war. Man vergisst sowas einfach wieder. Man ist zu sehr mit sich selbst beschäftigt und mit seinen aktuellen Problemen.
Eine Millionärsgattin kann sich unmöglich um arme Menschen Gedanken machen, wenn ihr Haarschnitt verpfuscht wurde. Für sie ist das was gaaaanz schlimmes - ernsthaft! Sie steht in ihrem gesellschaftlichen Gefüge auf ganz wackligem Posten mit diesen Haaren, das geht so nicht. Da wird man sogar krank von - Depressionen und so.
Und ich selbst denke nicht daran, dass jemand anders sich nicht mal nen Bier leisten kann, nur weil ich gerade damit beschäftigt bin, mein aktuell schlechtes Entfaltungspotential im Job zu beklagen...
Deshalb sag ich mir öfter mal: Sei mal ein bissl aufmerksam, achte mal auf deine Mitmenschen und was sie tun.
Wenn man sich keine Gedanken macht, ist man schnell mit abfälligen Meinungen dabei. Wenn ich einen Obdachlosen sehe, der mit seinen zwei Zahnlücken die Obdachlosenzeitung zu verkaufen versucht, dann stelle ich mir kurz vor, wie ich mich in seiner Lage fühlen würde. Ich kauf die Zeitung trotzdem nicht, weil sie zu langweilig ist, aber manchmal geb ich ihm mein Indianergeld (die Kupfercents).
Wer mal mal in einer schlechten Lage war, weiß wie schwer es ist, sich selbst neu zu motivieren. Das muss man selber schaffen und keiner kann einem das abnehmen, aber wir müssen diejenigen nicht noch obendrein runtermachen. Ein bisschen menschliches Entgegenkommen hilft da eher und wenns nur Indianergeld ist...
Grüße
Max Smily