Moin,
Kein Mensch will sich in ein Land integrieren oder identifizieren, das sich selbst nicht liebt.
Integration. Man kann sich nicht in ein Land integrieren (also "ein Ganzes herstellen") sondern nur in eine Gruppe (bzw Gruppen untereinander). Es geht also nicht allein um heere Ideale oder schöne Landschaften sondern erstmal um Menschen. Also muss man sich die Menschen und ihre Äußerungen anschauen, um der Frage nachzugehen, warum das mit der Integration nicht klappt. Bei der Gelegenheit wäre es übrigens auch noch interessant, die Spannbreite zwischen Integration und Assimilation einerseits sowie Integration und Multi-Kulti anderseits zu beleuchten; da wird häufig nach meinen Geschmack Integration sehr unterschiedlich gedeutet.
Geschichte. Nur wer sich selbst akzeptiert, kann sich selbst lieben. Solange einen Vielzahl von Deutschen - so scheint mir, Probleme damit hat, die deutsche Geschichte zu akzeptieren und als Auftrag an sich selbst anzunehmen, kann es mit der nationalen Identität nicht wirklich klappen. Das merken wir an unseren für Außenstehende nicht mehr nachvollziehbaren Diskussionen über die richtige Strophe der Nationalhymne, den Stolz auf die Nationalität, die Liebe zum Vaterland, die Weiterentwicklung oder "Verfremdung" der Sprache und was weiß ich noch, was hier in Deutschland gern deutsch diskutiert wird. Ich für mich mache das, wie eben schon erwähnt, am liebsten an dem Umgang mit unserer Geschichte fest.
Liebe. Liebe ist alles, Liebe ist unteilbar. Das ist wie in der Ehe: Ich liebe nicht die guten Seiten meiner Frau, sondern ich liebe meine Frau. Das umfasst auch ihre Macken und Sünden, ihre unveränderbare Geschichte ebenso wie die offen vor ihr liegende Zukunft.
Herz. Da wo andere Völker ein Herz haben, habe wir anscheinend immer noch eine eifrig suchende Alarmanlage, die vermeintlich nur das Innere überwachen will aber tatsächlich permanent das Äußere in Abrede stellt. Kein Diskussion in Deutschland über Deutschland ohne erstmal über "die anderen" zu reden. Keine Diskussion über Geschichte ohne die Geschichte "der anderen" rechtfertigend oder abgrenzend in den Mittelpunkt zu stellen.
Deutschland. Johannes Rau hat das mal an seinem Patriotismus (Er war ein bekennender Patriot) deutlich gemacht(aus dem Gedächtnis zitiert): Patriot lieben ihr Vaterland. Nationalisten verachten die Vaterländer anderer Völker. Ich will ein Patriot sein.
Mangelndes Selbstbewusstsein. Mach mal den Test und rede vor einen x-beliebigen Gruppen von Deutschen über Geschichte und _Verantwortung_. Du kannst Dir fast hundertprozentig sicher sein, dass die Menschen Geschichte und _Schuld_ gehört haben. Zur Rechtfertigung höre ich dann immer wieder (karikiert) "Das haben uns [geschichtslose sozialdemokratische|jüdisch unterwanderte|amerikanisierte|öffentlich-rechtliche|liberale] [Lehrer|Väter|Waschlappen|Politiker|Moderatoren]".
Keine Frau möchte einen Ehemann, der sich selbst verleugnet. Das ist allerbilligste Grundschulpsychologie.
Sehe ich anders. Wie kennen in Beziehungen durchaus solche Konstellationen. Denke nur an Co-Alkoholiker(innen). Manchmal passen zwei Leute unvorteilhaft symbiotisch zueinander. Anstatt sich fortzuentwickeln, lähmen sie sich gegenseitig mit den passenden Fehlern.
Rein vom Standpunkt des Integrationsproblems her hätte die Regierung eigentlich kostenlos Fahnen an alle Bürger hätte verteilen müssen.
Das wäre typisch Symbolpolitik, die nur die Zähne weiß anmalt, aber nicht die Wurzeln des Übels behandelt. Mit dieser Art von Politik "reformieren" wir seit Jahrzehnten z.B. unsere Sozialpolitik. Wenn die Menschen Integration nicht mehr als Bedrohung begreifen, werden sie Fahnen kaufen. Wenn sie Fahnen schwenken und hinter den Fahnen die Messer wetzen, bringt uns das nicht weiter.
... und die ausländischen Mitbürger würden sagen:" ... Ich will unbedingt Deutscher werden."
Mir würde es fürs Erste reichen, wenn die Deutschen Deutsche sein wollen.
Viele Grüße
Swen Wacker