Hi Hamstar,
1.) (nur Irre können Irre "verstehen")
"Irrationalen Phänomenen kommt man gar nicht auf die Spur." war gemeint.
Das halte ich für falsch. Nimm ein unschuldiges Beispiel. Das Marktverhalten der Verbraucher ist weitgehend irrational, dennoch aber ständiger Gegenstand der Forschung.
Dieses Verhalten scheint mir zutiefst berechenbar. Alleine die Komplexität sollte uns doch nicht davon abhalten die Gesetze des Marktes zu verstehen. Übrigens kommt diese Komplexität von der Menge der Marktteilnehmer her.
Die Irrationalität der einzelnen Kaufentscheidung solltest Du aber nicht unterschlagen. Vollständige Berechenbarkeit des Marktgeschehens ist ebenfalls ein Traum.
In diesem speziellen Fall bin ich der Meinung, dass man die Tat hätte vermeiden können. Auffälligkeiten gab es wohl bereits im Verhalten des Täters. Da hätte man vielleicht mal einen engagierten Lehrer gebraucht.
a) Lehrerbashing beruht oft auf dem festen Entschluss, dumm zu bleiben ;-)
b) Der Junge war kein Schüler mehr und ich kann nicht behaupten, dass ich viel über ehemalige Schüler weiß.
OK, aber das darf nicht dazu führen, dass noch mehr Sozialfuzzies herumlaufen. Die Lehrer dagegen dürfen das gerne machen, ich selbst hasse unengagierte Lehrer. Du scheinst mir da ja eher ein Positivbeispiel.
Sozialfuzzis, hehe. Der Erfolg des vielgepriesenen skandinavischen Bildungssystems beruht aber unter anderem auf dem günstigeren Verhältnis zwischen Sozialfuzzis und Lehrern zur Schülerschaft/Kinderschar. Wenn ich mich richtig erinnere, wird unser vorbildliches Engagement auf dem Gebiet nur noch von Malta unterboten. Bildungsqualität hat viele Parameter, ein wesentliches Kriterium ist das Lehrer-/Schülerverhältnis. Nimm ein simples Beispiel: Welche Redezeit hat ein Schüler im Englisch-Grundkurs, wenn er mit 29 anderen im Kurs sitzt? Wie kann er sich sprachlich entwickeln?
Die meisten, die hier debattieren, haben nicht die geringste Vorstellung davon, wie der Vorgang der Beschulung der Chancenlosen real aussieht, wirklich keine, sie ahnen nicht im geringsten, wieviele Jugendliche nur noch verwahrt werden ohne Perspektive auf Ausbildung und seriösen Beruf. Und auch im Bereich der Ausbildungsplätze sollte man nicht nur den bloßen Zahlen vertrauen. Auch die Bürokratisierung von Schule und die Entmündigung der Eltern geht fast unbemerkt ihren Gang. Wir steuern da auf ein Desaster zu, glaub mir. Diese Gewaltausbrüche, so bitter und deprimierend sie sind, sind nur die Spitze des Eisbergs.
Zur Zeit hängen tausende Jugendliche in immer neuen Bildungsmaßnahmen, Praktika und Weiterbildungseinrichtungen herum, und je älter sie werden, desto geringer wird die Chance auf eine Lehrstelle. Das kostet Millionen und ist nichts als Augenwischerei und Verschleierungstaktik.
Und es sind nicht alles hoffnungslose Fälle, es ist halt schwer, jemandem, der mit 18 vor dem Nichts steht, wieder zu motivieren, wenn man selber keine Alternativen anbieten kann. Was machst Du als Pauker, wenn Du merkst, dass für ganze Gruppen in Deiner Lerngruppe das angestrebte Bildungsziel nicht erreichbar ist, weil die Lernvoraussetzungen aus der Unterstufe komplett fehlen und Du ihnen keine Alternative anbieten kannst.
Wir müssen früher aktiv werden und zwar massiv und das kostet Geld. Wir müssen auch die Kollegen in Brennpunkten entlasten, vor allem bezüglich der Klassenstärken, und Systeme schaffen, in denen "Sozialfuzzis" unterstützend tätig werden. 27 Kinder in der fünften Klasse, 28 Stunden Unterricht plus jede Menge Bürokratie für den Pauker, der hauptsächlich damit beschäftigt ist, so etwas wie Lernen überhaupt gegen alle Widerstände möglich zu machen, so etwas wie Respekt, auch unter den Schülern, herzustellen, eine Bruchbude von Gebäude, keine erwähnenswerten Mittel für Fortbildung, Kinder aus aller Herren Länder mit verschiedenen Sprachschwierigkeiten, das ist schon ein dickes Brett, das da gebohrt wird. Das Lehrerbashing der Billigpolitiker, die bei den Dummen damit auf Stimmenfang gehen, kommt motivierend hinzu.
Was da an Lebensrealitäten auf die Kollegen zukommt, was diese Kinder bereits wegstecken müssen, davon machen sich die meisten hier keine Begriffe. Woher soll da Selbstbewusstsein kommen? Engagement beruht doch immer auch auf Hoffnung auf Chancen und auf konkreten Erfolgserfahrungen. Ich bewundere jeden Kollegen, der auf einer schwierigen Gesamtschule oder Hauptschule etwas bewegt.
Ich würde da nicht mit "Strategien" kommen wollen, sondern eher mit besseren Pädagogen und Eltern.
Das mit dem Lehrerbashing ist langweilig, aber immerhin politisch bearbeitbar, aber wie willst Du die Eltern auswechseln?
- Fr. Dr. Angela Merkel ist ganz OK
Aus meiner Sicht strahlt sie nicht gerade Kompetenz aus, aber anscheinend hat sie immerhin Fortune....
Ist immerhin nicht nickelig und öffentlichkeitsgeil.
Ja, man muss bei all dem Elend versuchen, positive Dinge zu sehen, und sich nicht mehr daran zu erinnern versuchen, dass das Wort "Reformen" früher mal so etwas wie eine Verbesserung für die Betroffenen bedeutete und heute eher nach einer Drohung klingt. Aber da ist Müntefering natürlich eher der Urheber als die gute "Angie", die eben die SPD-Politik fortführt, nur dass jetzt "CDU" dransteht, was einige überglücklich zu stimmen scheint.
Viele Grüße
Mathias Bigge