Ich bin Azubi in einer Agentur, diese Agentur wird vom Chef selber und seiner lebensgefährtin geführt. Der Chef an sich ist eigentlich ein guter Kerl, auch Persönlich treffen wir uns bei Ihm und trinken mal einen oder Grillen auch. Natürlich sind wir schon lange "per Du".
Öhm, schlechte Idee. Ich habe den Eindruck, zwischen Euch ist jegliche Distanz verloren gegangen. So lange alles rosarot ist, ist das kein Problem. Doch früher oder später kommt der Tag, an dem eine der beteiligten Parteien die rosarote Brille absetzt. Sei es, weil zusätzliche Arbeit zu erledigen ist, Zahlungen ausbleiben, oder das gegenseitige Verhalten nicht mehr stimmt. Damit befindet ihr Euch in einer sehr unangenehmen Situation: Das menschliche Verhältnis ist sehr persönlich bis familiär, eine Abmahnung oder Klage oder auch nur die gerechtfertigte Forderung nach Geld oder Freizeitausgleich erscheint wegen des persönlichen Verhältnisses unhöflich bis unmöglich. Letztlich wird eine Seite kneifen -- und das bist vermutlich Du. Du hast Dich um den Finger wickeln und in eine extrem abhängige Situation drängen lassen. In diese Situation willst Du als Arbeitnehmer / Azubi gar nicht kommen.
Um's mal etwas drastischer und amerikanisch auszudrücken: "Don't f***BEEEEP*** in the factory!", wo das ausgebeepte nicht unbedingt nur biologisches meint.
Doch ab und dan oder besser gesagt täglich hat er auch seine phasen und Mault im Büro nur rum. Seine lebensgefährtin bekommt desöfteren einen beilang wie ich auch, komischerweise ist alles total unbegründet.
Was sich seine Lebensgefährtin gefallen läßt/lassen muß, ist erstmal nicht Dein Problem. Was Dir Dein Chef an den Kopf wirft, dagegen schon. Wenn es wirklich ungerechtfertigt ist (ist es wirklich nicht Deine Schuld?), bitte Ihn sachlich und höflich aber bestimmt, damit aufzuhören. Am besten zunächst unter vier Augen. Der nächste Schritt wäre eine Wiederholung vor versammelter Mannschaft. Wenn auch das nichts hilft, mache es schriftlich (Rechtschreibkontrolle nicht vergessen!). Notfalls laß einen Anwalt Ihm einen Schuß vor den Bug setzen, das wirkt oft Wunder.
Wenn er mal vergisst etwas zu bearbeiten sagt er dem Kunden "dass haben die wiedermal verschlampt, die sind nicht fähig", ok , mir ist schon echt ein dickes Fell gewachsen und mir geht es auch am Arsch vorbei aber trotzedem finde ich es unverschämt da die Kunden uns dann böse anschauen. Aber wie soll man sich verhalten? Soll man dass einfach hinnehmen und ignorieren?
Nein. Wenn es nicht gerechtfertigt ist (Du es also nicht vergeigt hast), stell den Chef zur Rede, sobald kein Kunde mehr in Reichweite ist. NIEMALS vor dem Kunden! Auch NIEMALS ungefragt den Chef vor dem Kunden korrigieren oder gar eine Diskussion anfangen. Bleib ruhig und sachlich, auch wenn Dein Chef explodiert. (Bedenke: Im Gegensatz zu Spongebob hast Du ein Rückgrat. Nutze es.)
Wenn Dein Chef seinen Laden nicht organisiert bekommt, ist das primär sein Problem. Dein Problem als Azubi ist, dass Du so wohl kaum lernen wirst, wie man organisiert arbeitet.
Es wirft auch kein gutes Licht auf Deinen Chef, wenn er seinem Kunden allen Ernstes erzählt, dass die Mitarbeiter, die er selbst ausgesucht und eingestellt hat, unfähig sind. Das bedeutet nämlich im nächsten, sehr kleinen Schritt, dass Dein Chef offensichtlich keine Ahnung von Personalführung hat.
Kreativer Vorschlag: Schlag Deinem Chef kreativere Ausreden vor, die die Angestellten und Azubis nicht wie die letzen Deppen aussehen lassen. Die Standard-Ausreden ("Ersatzteil ist bestellt", "Lieferant hat's vergeigt", "Kurier hat sich verfahren", "Hund hat's gefressen", "Lokführer streiken") tun's meistens auch schon.
ps: es kommt auch mal vor das er uns Lobt und einem Kunden auch mal sagt:" ohne diesen Mitarbeiter wär ich verloren... dass ist der beste".
Das ist ja auch ok. Es rechtfertigt das andere Verhalten aber trotzdem nicht.
Ehrlich gesagt würde ich schleunigst einen anderen Ausbildungsplatz suchen, wenn der Chef sich dermaßen unprofessionell verhält. Mehr als Kaffee kochen und Schläge einstecken wirst Du so nicht lernen. Und glaub mir, das dicke Fell wird mit der Zeit sehr, sehr löcherig, bis Du sehr dünnhäutig wirst. Je nach dem, wie Du tickst, wird das üble Auswirkungen auf Deine Gesundheit und/oder Dein Privatleben haben.
Ich hab mir ähnlichen Stress, allerdings nach der Ausbildung in einem bestehenden Angestelltenverhältnis, etwa ein Jahr angetan, dann habe ich einem Aufhebungsvertrag zugestimmt. Mein Bruder hat seine handwerkliche Ausbildung bei drei verschiedenen Betrieben gemacht, er hat im ersten Lehrjahr zwei Ausbildungsverträge wegen sachlichen und personellen Differenzen gekündigt -- in einer Region mit wenigen Ausbildungsstellen und hoher Arbeitslosigkeit. Gebracht hat es ihm den zweiten Platz im Landesvergleich, eine gesponsorte Meisterausbildung, einen sicheren Arbeitsplatz und extrem gutes Fachwissen.
Alexander