Und wenn die Schüler bis dahin auch gut ausgebildet würden [...]
Natürlich ist das Wunschdenken, aber wenn man sich die Schulsysteme anderer Staaten ansieht [...]
Ja. Wir leben allerdings nicht in einem solchen System. Nichts gegen visionäres Denken, aber die Unvereinbarkeit idealisierter Vorstellungen mit den gegebenen Verhältnissen muss man aufzeigen und das betonkopfartige Anrennen gegen die Windmühlen innerhalb dieses Systems kritisieren. Es ist ja nichts Neues, dass Lehrer ungerecht urteilen, freie Geister schikanieren und Schwache aufgeben. So weit ich das eruieren konnte gleichen meine Erfahrungen hier weitgehend denen meiner Eltern. Die völlige Überraschtheit und Unfähigkeit mancher Eltern, damit umzugehen ist mir unverständlich. Dafür muss man früher selbst vor der Realität abgeschirmt worden sein.
Zur Integration dieser Menschen sind Unternehmen ja hierzulande löblicherweise gezwungen.
Hierzulande gibt es eine Quote für Behinderte, nämlich 25:1. Stellt man zu wenige von Ihnen ein, wird eine Geldstrafe fällig, etwa 200,- pro Monat pro Kopf. In Wahrheit ergibt sich daraus eine weitere Abgabe, da sich die Einstellung samt der damit einhergehenden Unmöglichkeit einer Kündigung nicht mehr lohnt. Unter "Behinderung" fallen Analphabetismus, andere Lese-/Schreib-/Lernschwächen oder das Aufwachsen fern jeglicher Bildung freilich nicht.
Und wenn man Loyalität und Dankbarkeit gegen die zweifellos geringere Leistungsfähigkeit gegenrechnet, fahren die Unternehmen damit wahrscheinlich gar nicht so schlecht.
Das widerspricht meinen Erfahrungen aus dem Berufsleben. Gerade Personal aus schlechten Verhältnissen - und dort tritt mangelnde Bildung nunmal hauptsächlich auf - sind Chancen oder Konsequenzen oft völlig egal. Wozu auch anstrengen, wenn der Einkommensunterschied den Arbeitsaufwand kaum rechtfertigt? Betroffene Kinder mit normalem Background werden meist so weit gebracht, dass einzelne Schwächen im Grundrauschen untergehen. Dankbarkeit ist in unserer gesättigten Welt generell nur mehr schwer auszumachen, das nur als Raunzer nebenbei.
Das Einfordern des Abiturs seitens der Ausbildungsbetriebe grenzt angesichts des Bildungsstandes der Schüler an Notwehr.
Natürlich, hier geht es um handfeste wirtschaftliche Interessen. Den Aufwand, dutzende Bewerber zu testen, um einen brauchbaren zu finden ist viel zu hoch ...
Und sollte in einem funktionierenden System auch kaum notwendig sein.
Sollte, hätte, würde. Ja, gerne. Aber inwiefern bringt das die Diskussion weiter, wenn es um die Bewältigung aktuell anstehender Probleme geht? Das käme einer Revolution gleich und würde den Einsatz gewaltiger finanzieller Mittel erfordern. Woher sollen die kommen? (Bei dir hege ich wenigstens nicht die Befürchtung, du würdest dafür die bösen Banken den Bach runtergehen lassen. ;-))
Für Erziehung sind ausschließlich die Eltern zuständig
Es wirkt auf mich, als würdest du einmal mehr Zielsetzung und Fehlentwicklung unzulässig miteinander verknüpfen. Du beschreibst ein nicht abzustreitendes Faktum und erhebt es dabei zur Richtlinie für die Zielsetzung.
Nein. Ich beschreibe den gangbaren Weg innerhalb des existierenden Systems. Gültigkeit hat dieser, solange keine gravierenden Veränderungen stattfinden. Die skandinavische Bildungspolitik ist für mich das Wolkenkuckucksheim enttäuschter Eltern. Über die dortige Steuerlast will ich gar nicht erst nachdenken müssen.
Und ich wage gern die Behauptung, dass dich ein Teil deiner Lehrer natürlich auch erzogen hat.
Einige wenige genossen bei mir tatsächlich Ansehen, ja. Es widerstrebt mir aber ungemein, diese Einzelfälle als Maßstab für eine Verlagerung der Erziehungsarbeit heranzuziehen.
Der Auftrag ist eine Zielsetzung. Aber faktische Fehlentwicklungen dürfen doch nur die faktischen Konsequenzen negativ beeinflussen, nicht aber die ursprünglichen Ziele.
Meine Äußerungen beziehen sich allesamt auf die aktuell vorliegenden Verhältnisse. Über eine ideale Welt zu philosophieren ist mir zu abgehoben. Vielleicht liegt darin das Missverständnis begründet.