Der Martin: Du oder Sie? Wie spreche ich meine Kunden an?

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Hi,

»» Ich sehe auch kein Problem, keinen Autoritätsverlust beim "du" zwischen Chef und Angestelltem, aber es gibt nur wenige Chefs, die das mitmachen.
Tja, da kenne ich beides, und ich komme mit beidem zurecht. Bislang war es mehr oder weniger zufällig so, dass ich den direkten Vorgesetzten geduzt habe, und alles über seiner Ebene gesiezt.

ungefähr von 2000 bis 2002 hatte ich einen Chef, der wie ich gleichzeitig auch Funkamateur war. Bei den Funkamateuren ist "du" und Vorname aber üblich (außer bei den Schweizern, die halten's mit "Sie" und Vorname), und so war es völlig klar, dass wir uns duzten, wenn wir uns auf dem Band mal begegnet sind. Irgendwann habe ich ihn mal gefragt, wie er das denn sehe: Im AFu-Kontext "du", bei der Arbeit "Sie". Nach kurzem Zögern meinte er dann: "Hast eigentlich Recht, das ist Unsinn. Wenn schon DU, dann konsequent." Ein paar Tage später hat er dann bei einer Teambesprechung den restlichen Kollegen auch das "du" angeboten.

Leider hat er einige Monate später das Unternehmen verlassen, und da ich laut Organigramm der Stellv. war, habe ich das Team einige Zeit geleitet (auch mit allen per DU).
Der Nachfolger, der nach über einem Jahr kam, war da nicht so leicht zu durchschauen: Natürlich war "Sie" angesagt. In etwas gelockerter Umgebung (Betriebsfeiern, Raucherpause usw.) ist ihm aber öfter mal das "du" einfach rausgerutscht, und er hat es seinen Leuten auch nicht übel genommen. Besonders wenn er mit einem seiner Mitarbeiter sprach und einen weiteren aus dem Team erwähnte, benutzte er meistens dessen Vornamen (so wie wir uns gegenseitig angesprochen haben), obwohl er selbst diesen Mitarbeiter nur mit Sie und Nachnamen anredete: "Ja, wissen Sie, der Richard sieht das etwas anders."
Offiziell haben wir uns aber dennoch nie geduzt.

»» Und es gibt nur ganz wenige Personen, von denen ich mich nicht duzen lassen möchte, gerade um auszudrücken: Der ist mir suspekt, da halt ich mal lieber Abstand. Das setzt aber voraus, dass ich mit dieser Person schon unangenehme Erfahrungen machen musste.
Genau deswegen fange ich mit dem Sie an und wechsele ggf. erst später zum Du: Es wahrt eine gewisse Distanz. Insbesondere zu Leuten, die ich nicht mag.

Klar, aber ich mache den Schwenk vom "Sie" zum "du" recht schnell mit, wenn nicht gewichtige Gründe dagegensprechen.

»» Ich fand es ebenso merkwürdig, wenn Nachbarn, die mich schon als kleinen Bub kannten, mich plötzlich siezten, als ich erwachsen war.
Seltsam, das ist bei mir nicht passiert. Allerdings war die Nachbarschaft "schon immer" auf Du eingestellt, über alle Altersgrenzen hinweg.

Das ist ein wesentlicher Unterschied: Die Erwachsenen waren einander überwiegend fremd. Ja, man kannte einander, so wie man sich als Nachbarn halt kennt: Man weiß, wie die Leute heißen, man grüßt einander freundlich, aber viel mehr war da halt nicht. Die Kids haben untereinander aber teils sehr enge Freundschaften gepflegt.

In der Schule ist es mir aufgefallen, dass die Lehrer mit dem "Sie" angefangen haben, als das Durchschnittsalter an der 18 kratzte. Das haben wir ihnen aber schnell wieder abgewöhnt.

Bei mir auch. Die Lehrer fingen -wohl von höherer Stelle dazu angehalten- damit an, als wir von der 11. in die 12. Klasse versetzt wurden.

Im Studium gab es unter den Studenten und zwischen Studenten und (den kaum älteren) Lab-Ings das Du, zwischen Studenten und Profs sowie Verwaltungsleuten das Sie.

Das kommt mir bekannt vor. :-)

Ciao,
 Martin

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