Moin!
»» Es geht darum, dass hier mit einem Totschlagargument "Kinderpornographie" der erste Schritt zu einer bundesweiten Zensur-Infrastruktur getan werden soll.
Nun ja, eine gewagte, pointierte und u.U. auch rethorische These. Negativformuliert hieße sie für mich: Globalliberalisten sehen paranoid hinter jeder Einschränkung den Untergang der (ihrer) "Freiheit". Ich möchte damit sagen, dass für mich Begriffe wie "Totschlagargument" (was soll das bitte sein? Gibt es auch Mordargumente?) oder Frau von der Leyen einen geheimen Plan zu bundesweiter Zensur-Infrastruktur zu unterstellen solch einer Diskussion auch nicht gut tun.
Wenn das so rübergekommen ist, dann ist es vielleicht auch nur schlecht formuliert.
Ich unterstelle Frau v.d.Leyen nicht, dass sie eine bundesweite Zensur-Infrastruktur will. Sie will vermutlich zum einen Teil einfach nur ihre von guten Beweggründen motivierte Initiative zum von ihr inhaltlich klar definierten erfolgreichen Ende bringen (also: die Sperre muss kommen), und mit Sicherheit denkt sie auch an den Machterhalt für sich und ihre Partei, denn die nächste Wahl steht ja bevor.
Der Nebeneffekt, dass durch die Installation der Sperrfilter und eine allzu unvorsichtige Formulierung des Gesetzes sehr viel weiterreichende Konsequenzen entstehen, die im Verhältnis zum eigentlichen Anlaß viel schwerer wiegen, ist doch aber gerade genau der zentrale Punkt.
Du hast in https://forum.selfhtml.org/?t=186403&m=1238100 das Gutachten angesprochen, welches genau die Abwägungen auflistet, die man als Entscheider in diesem Punkt zu treffen hat. Und auch als Bürger, der sich mit diesem Thema beschäftigt.
Und meine Abwägung der einzelnen Interessen und Rechte kommt halt zu dem Ergebnis, dass solch eine Sperr-Infrastruktur gegen Kinderpornos ein zu großer Eingriff in die Freiheit der Allgemeinheit ist, weil das damit zu erzielende Ergebnis viel zu gering ist, und obendrein auf einfachere Weise mit alternativen Mitteln viel besser erreicht werden könnte.
Frau v.d.Leyen ist solchen Alternativargumenten gegenüber aber anscheinend nicht aufgeschlossen. Mir ist jedenfalls noch nicht aufgefallen, dass irgendjemand, aus Ministerium, BKA oder sonstiger Polizeibehörde, die Alternativforderung aufgestellt hätte, endlich für eine personelle und technische Ausstattung zu sorgen, die die Strafverfolgung von Internetkriminalität effektiver macht.
Auch Stefans Begeisterung legt nahe, dass es hier eher um eine Art (fundamentalen) "Glaubens"krieg geht.
Da hast du vollkommen recht. Es geht um den Glauben an die Demokratie, und welches Bild der Staat von seinen Bürgern haben soll. Soll der Staat ausstrahlen "Alle Bürger sind unmündig, der Staat filtert schon mal vor, was gesehen werden darf", oder doch eher "Alle Bürger sind mündig, der Staat filtert nichts, sondern sorgt durch Bildung und gesellschaftlichen Diskurs für einen Konsens über akzeptable Wertvorstellungen, und verfolgt Normübertretungen im Einzelfall."
- Sven Rautenberg