Frage Software Eigentum
Voronoi Pitty
- meinung
- sonstiges
Hallo,
ich habe die letzten 24 Monate mit einem Kunden zusammen eine Software für eine Marktnische geschaffen. Vereinfacht ausgedrückt habe ich die Software auf die Kundenwünsche exakt zugeschnitten, viel mehr Anteil hat der Kunde an meiner Schöpfung nicht. Als ich ihm eröffnete, dass ich die Software nun professionell vertreiben werde, ist er aus allen Wolken gefallen und droht nun mit Klage, weil er behauptet, diese sei nun sein Eigentum (was schon dem Urheberrecht wiederspricht). Leider hatte ich das vertraglich nicht abgesegnet. Es gibt nur eine Email-Bestätigung über einen Auftrag zur Entwicklung dieser Software mit einem sehr rudimentären Lastenheft.
Was soll man davon halten? Denkt ihr, ich bin im Recht?
Hallo Voronoi,
wir können und wollen keine Rechtsberatung liefern. Das vorweg gesagt: wenn es keinen Vertrag gibt, der die Nutzungsrechte regelt, gilt m.E.n: die Urheberrechte liegen bei dir, dein Auftraggeber kann nur die einfachen Nutzungsrechte geltend machen. Mit anderen Worten: du darfst die Software frei vertreiben, du kannst aber deinem Auftraggeber die Nutzung nicht untersagen.
Solltest du FLOSS eingebunden haben, gilt ggfls abweichend deren Lizenz (etwa im Falle der GPL).
LG,
CK
Hallo Christian,
danke für deine Anwort. Ich weiss, dass hier keine verbindliche Rechtsberatung gegeben werden kann. Ich wollte nur mal eure Meinung wissen.
Tatsächlich habe ich streckenweise Open-Source-Software eingebunden. Wer macht das nicht? Für diese Teile gelten auch andere Lizenzen (GPL). Das betrifft aber letztendlich nicht die Lizenz meiner Software.
Danke für deine Meinung! Hilft schonmal weiter.
Hallo Voronoi,
Tatsächlich habe ich streckenweise Open-Source-Software eingebunden. Wer macht das nicht? Für diese Teile gelten auch andere Lizenzen (GPL). Das betrifft aber letztendlich nicht die Lizenz meiner Software.
Beachte den Virus-Effekt der GPL. Die Einbindung von GPL-Software führt gegebenenfalls zwangsläufig dazu, dass deine Software auch unter der GPL verfügbar sein muss.
LG,
CK
Hier ist zwischen Dienstvertrag, Werkvertrag und Überlassungsvertrag zu unterscheiden.
Bei einem Dienstvertrag ist die Software durch den Auftragnehmer als Handlungsgehilfe für den Auftraggeber entwickelt worden und die Urheberrechte liegen beim Auftraggeber.
Bei einem Werkvertrag käme es auf die Auslegung des Parteiwillens und ergo den genauen Wortlaut an. Es kann auch ein Überlassungsvertrag sein.
Was soll man davon halten? Denkt ihr, ich bin im Recht?
Ich denke darüber nicht nach weil ich sogar für eine Vermutung zu wenig Grundlagen habe. Diese zu ergründen und den konkreten Einzelfall zu beurteilen ist Job eines Anwalts.
Der kann auch darüber nachdenken, wie es mit der Beweislast aussieht, die regelmäßig (also mit wenigen Ausnahmen) beim Kläger liegt.
Allerdings könnte die Software völlig neu geschrieben werden. Ein paar Verbesserungen und Erweiterungen der Funktionen und bessere Programmstrukturen und Optimierungen fallen einem doch hinterher immer ein...
Und der Fall, dass womöglich Teile der Software infizierenden Lizenzen (GPL) unterliegen könnte zu dem eine exklusiver Überlassung aller Vermarktungsrechte zu Fall bringen. In dem Fall wäre Deine Software womöglich teilweise oder vollständig FOSS. Das auszuschließen wäre Sache des Pflichtenhefts oder des Vertrages an sich. Allerdings hättest Du dann auch Pflichten.
Danke ursus, das klingt gut. Es ist auf alle Fälle komplexer, als gedacht. Vielleicht refaktoriere ich Teile der Software, die ich schon von Anfang an etwas ungünstig fand.
Danke!
Hello,
Danke ursus, das klingt gut. Es ist auf alle Fälle komplexer, als gedacht. Vielleicht refaktoriere ich Teile der Software, die ich schon von Anfang an etwas ungünstig fand.
Je nach deinem Status darfst Du das eventuell nicht. Pass also auf, was Du schreibst.
Du dürftest sie dann nur neu_entwickeln, also ohne jede Bezugnahme auf die ursprüngliche Version neu erstellen.
Glück Auf
Tom vom Berg
Hello J.,
Hier ist zwischen Dienstvertrag, Werkvertrag und Überlassungsvertrag zu unterscheiden.
War auch mein erster Gedanke. Das bezieht sich aber mMn nur auf das eigentliche Werk (als Einzelstück) und nicht auf Kopien davon.
Bei einem Dienstvertrag ist die Software durch den Auftragnehmer als Handlungsgehilfe für den Auftraggeber entwickelt worden und die Urheberrechte liegen beim Auftraggeber.
- Als Merkmal kommt z.B. eine Abrechnung nach Stunden in Frage.
Da gilt allgemein die "Angemessenheit" als Kriterium. Bei Vollzeittätigkeit muss dazu mindestens auch ein branchenübliches Gehalt nebst Sozialleistungen bezahlt werden. Im Übrigen wird die Anmeldung zur Sozialversicherung (nebst abgeführter Leistungen) bei Vollzeitgehalt immer wieder gerne als vollwertiges Kriterium gewertet. Alle Rechte (mit gestzlichen AUsnahmen) lägen dann beim Arbeitgeber.
Bei einem Werkvertrag käme es auf die Auslegung des Parteiwillens und ergo den genauen Wortlaut an. Es kann auch ein Überlassungsvertrag sein.
- Als Merkmal kommt für die Beurteilung z.B. auch noch eine Abrechnung mit einem Pauschalpreis in Frage. Aber auch dessen Höhe. Ist z.B. der Preis so niedrig, dass ein Werksvertrag mit exklusiver Überlassung aller Vermarktungsrechte an den Auftraggeber wirtschaftlich offensichtlich nicht sinnvoll wäre, kann das - wenn der Vertrag sonst nichts anderes hergibt - ein Merkmal einer nicht exklusiven Überlassung von Nutzungsrechten sein.
Genau, wie ich sagte: das Urheberrecht spricht hier sinngemäß von "Angemessenheit".
Was soll man davon halten? Denkt ihr, ich bin im Recht?
Ich denke darüber nicht nach weil ich sogar für eine Vermutung zu wenig Grundlagen habe. Diese zu ergründen und den konkreten Einzelfall zu beurteilen ist Job eines Anwalts.
Der kann auch darüber nachdenken, wie es mit der Beweislast aussieht, die regelmäßig (also mit wenigen Ausnahmen) beim Kläger liegt.
Allerdings könnte die Software völlig neu geschrieben werden. Ein paar Verbesserungen und Erweiterungen der Funktionen und bessere Programmstrukturen und Optimierungen fallen einem doch hinterher immer ein...
Und der Fall, dass womöglich Teile der Software infizierenden Lizenzen (GPL) unterliegen könnte zu dem eine exklusiver Überlassung aller Vermarktungsrechte zu Fall bringen. In dem Fall wäre Deine Software womöglich teilweise oder vollständig FOSS. Das auszuschließen wäre Sache des Pflichtenhefts oder des Vertrages an sich. Allerdings hättest Du dann auch Pflichten.
Sehe ich auch so.
Bei allen Beträgen über 500€ niemals ohne vernünftigen Entwicklervertrag. Was ist z. B. mit Schäden, die durch die Software entstehen, wenn sie als Auftragswerk und nicht in Funktion als fest Angestellter geliefert wurde? Sowas muss man vorher regeln!
Glück Auf
Tom vom Berg
hallo
Hallo,
ich habe die letzten 24 Monate mit einem Kunden zusammen eine Software für eine Marktnische geschaffen. Vereinfacht ausgedrückt habe ich die Software auf die Kundenwünsche exakt zugeschnitten, viel mehr Anteil hat der Kunde an meiner Schöpfung nicht. Als ich ihm eröffnete, dass ich die Software nun professionell vertreiben werde, ist er aus allen Wolken gefallen und droht nun mit Klage, weil er behauptet, diese sei nun sein Eigentum (was schon dem Urheberrecht wiederspricht). Leider hatte ich das vertraglich nicht abgesegnet. Es gibt nur eine Email-Bestätigung über einen Auftrag zur Entwicklung dieser Software mit einem sehr rudimentären Lastenheft.
Was soll man davon halten? Denkt ihr, ich bin im Recht?
Der für mich entscheidende Ansatz ist, dass du ohne die Inspiration, den Bedarf deines Kunden, seine Finanzierung wohl nicht die Software für diese Marktnische mitentwickelt hättest.
Hello,
ich habe Dir dazu mal ein paar Links rausgesucht:
Wenn Du zu einem angemessenen Gehalt (sozialversichert) fest angestellt warst, gehört das Ergebnis quasi dem Arbeitgeber. Er hat dann üblicherweise automatisch umfangreiche Verwertungs- und Verbietungsrechte.
Etwaige Erfindungen, die dabei gemacht wurden, unterliegen dem Arbeitnehmererfinderrecht.
Das Werk als solches (Einzelstück) gehört vermutlich immer dem Auftraggeber, weil er dafür bezahlt hat, nicht jedoch Verbietungs-, Vervielfältgungs- und Vertriebsrechte, (= Weitergabe von Nutzungsrechten an Kopien).
Wenn Du freiberuflich zusammen mit ihm tätig warst, wird es sich mindestens um eine Urhebergemeinschaft handeln. Es dann jeder einen Anteil am zukünftigen Gewinn. Keiner der Urheber kann der Verwertung widersprechen.
Glück Auf
Tom vom Berg
Mahlzeit,
du hast ja schon einiges an guten Antworten bekommen, deshalb nur noch eines von mir:
Viel Glück und Kraft bei dem was folgt denn wenn die genannten Punkte nur rudimentär festgelegt waren, kann das ein langer und stressiger Rechtsstreit werden. Von den Kosten ganz zu schweigen.
Ich kann die noch sagen, wie ich das handhabe. Programmiere ich für einen Kunden Software direkt im Auftrag und ich denke daran, zumindest Teile davon in anderen Projekten wieder zu verwenden, stelle ich diese Entwicklung dem Kunden erst gar nicht in Rechnung sondern verkaufe ihm lediglich ein Benutzungsrecht (quasi ne Lizenz). Dadurch verdiene ich in dem Moment natürlich weitaus weniger als wenn ich auf Stundenbasis abrechne, kann das aber mit Mehrfachlizenzierung kompensieren.
Das aber nur grob umrissen weil es immer eine Einzelfallentscheidung ist und idR ist dafür ein Fachanwalt zur Ausarbeitung des Vertrages nötig. In jedem Fall ist das ganze ne schwierige Sache für alle beteiligten und ich beneide dich nicht drum.