Moin!
Doch. Als Selbständige hätten wir Anspruch auf den Sozialhilfenachfolger, der sogar eine leichte Verbesserung darstellt, wenn wir pleite gehen, was wir aber vielleicht doch lieber lassen werde *g*
Au ja. Mir haben vier Pleiten (als Arbeitnehmer) in den vergangenen vier Jahren wirklich gereicht. Nein, eigentlich leide ich dieses Jahr auch noch unter einer Pleite: Mein letzter Arbeitgeber schuldet mir noch Lohn, ist aber dummerweise noch vor dem Arbeitsgerichtsurteil insolvent geworden - und hat eine Woche später an anderer Stelle eine neue Firma mit demselben Geschäftsinhalt (und auch denselben Referenzen) eröffnet.
Nehmen wir an, diese Leute würden für einen Euro putzen, Stadtverwaltungen, Krankenhäuser und andere öffentliche Gebäude, welcher Aufstand der Gebäudereiniger und der entsprechenden Gewerkschaften würde da losbrechen, außer natürlich die wertguten Herrschaften könnten ihr jetziges Personal rausschmeißen und dafür die 1 Euro Fachkräfte einstellen...
Stimmt, da wird natürlich eine Entwicklung angeschoben, die möglicherweise dazu führt, dass künftig jeder als 1-Euro-Alg2-Jobber ran muss. Sozusagen die "Senkung der Lohnnebenkosten durch die Hintertür".
Da ich auch dagegen bin, dass der Staat in großem Umfang der Privatwirtschaft Konkurrenz macht, sehe ich das ganze Projekt als völlig verfehlten Ansatz der Arbeitsmarktpolitik.
Das leuchtet ein.
Da ist nur ein Problem: Der Staat wird keinen vernünftigen Arbeits(zweit)markt herstellen, und die Privatwirtschaft ist auch weit davon entfernt, für Vollbeschäftigung zu sorgen. Bleibt also nur Auswandern oder Aussterben, anders werden die Arbeitslosen wohl kaum weniger.
Die Jobs sind ja ein Versuch, durch Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten die Kritik an Hartz 4 zu entschärfen.
Naja, einer der Gründe wird wohl auch sein, Langzeitarbeitslose erstmal überhaupt wieder einer Beschäftigung zuzuführen. Dass das mit allen möglichen Problemen verbunden ist, weil man das Arbeiten auch erst mal wieder lernen muß, wird sich dabei noch früh genug herausstellen, denke ich. Man hat zumindest bei einigen Erntehelfer-Zwangsverpflichtungen gesehen, dass die Verpflichteten eher unbrauchbar für den Job waren.
Man weiß ja genau, dass es der Druck allein nicht tut, wenn es keine Arbeitsmöglichkeiten gibt. Das Modell steckt aber damit voller Widersprüche. Mit dem Arbeitslosengeld 2 und den 1 Euro Jobs steht man sich plötzlich besser als mit jedem Minijob, was ja auch von Unternehmerseite schon angemerkt wurde. Andere Debatten, wie etwa die um den Mindestlohn, gehen in eine ähnliche Richtung: Besänftigen des Volkszorns.
Nur damit ich das nicht verwechsle: Die jetzigen Debatten haben mit dem, was in Hartz 4 steht, ja nur insofern zu tun, als dass jetzt bürgerverdaulich erklärt wird, warum die Regelungen so getroffen wurden. Geändert werden soll ja bis auf Details nichts. Was ich übrigens irgendwie gut nachvollziehen kann, schließlich gibt es in der jetzigen Situation nur zwei Möglichkeiten: Entweder Hartz 4 bleibt, weil die Politiker meinen, dass diese Veränderung notwendig ist und letztendlich Geld sparen soll, oder Hartz 4 wird komplett gekippt, und alles bleibt beim Alten. Ob das so eine schlaue Lösung ist, wage ich irgendwie zu bezweifeln.
Ich denke, als Selbständiger denkst Du ähnlich wie ich: Solche milliardenteuren Spielchen bewegen wenig, man sollte stattdessen lieber versuchen den ersten Arbeitsmarkt zu beleben, vor allem durch Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen, weil die das Geld eher zur Schaffung neuer Arbeitsplätze einsetzen würden als die großen.
Wenn ich wirklich _ganz_ ehrlich sein soll: Mich interessiert dieser ganze Politik-Mist wirklich nur noch am Rande - und ich kann wirklich nicht behaupten, dass ich mich dabei schlecht fühle, denn was dran ändern könnte ich ja ohnehin nicht. Ich hör' kein Radio (meine MP3-Sammlung ist groß genug und spielt wenigstens die Lieder, die ich hören will), ich gucke nur selten Fernsehen, ich lese dann und wann mal die ZEIT und das Hamburger Abendblatt.
Ich halte allerdings nicht unbedingt viel von großer, geplanter staatlicher Lenkung. Hatten wir im Osten doch schon mal, und es war scheinbar nicht so erfolgreich gewesen. Da würde ich ja fast FDP-Anhänger sein - wenn die FDP nicht auch nur eine stinknormale Partei wäre.
Arbeitslosigkeit, Steuerdschungel, Verordnungswut, Lobbyismus, Machtspielchen, Überwachungsgesetze gegen Terror etc. - ich fürchte, so richtig aufgeräumt kriegt man den Laden mit Reformen eher nicht, es muß wohl mal eine Revolution her. Ist nur blöd, wenn 80 Millionen Revolutionäre alle was anderes wollen.
Bei einer Förderung von 1000 Euro im Monat könnten wir beide doch lässig eine Sekretärin einstellen, oder sonstwie was bewegen.
Nun ja, ich würde wahrscheinlich eher jemanden zum Aufräumen einstellen - das, was ich telefoniere und schreibe, kriege ich noch locker selbst hin. :)
Das eigentlich Ungerechte an Hartz 4 ist aber aus meiner Sicht, das jemand, der 35 Jahre gearbeitet und in die Sozialsysteme eingezahlt hat und durch Insolvenz seiner Firma seine Arbeit verliert, schon nach kurzer Zeit mit jemandem gleichgestellt wird, der in der gleichen Zeit keinen Handschlag getan hat....
Das fiese an Insolvenzen ist nach meiner Ansicht nicht, dass die Arbeitnehmer auf der Straße sitzen, sondern dass die federführend verantwortlichen Geschäftsführer und Vorstände ungeniert und ungehindert weitermachen können.
"Betriebsübergang? Das ist doch niemals ein Betriebsübergang, wenn man mit denselben Mitarbeitern für dieselben Kunden an denselben Rechnern und Schreibtischen - nur in einem neuen Büro mit neuer Telefonnummer und Adresse - genau dasselbe mit einer neuen Firma weitermacht."
- Sven Rautenberg