Hallo Mathias,
Wenn Du das Adjektiv "normal" benutzt, um die üblichen Verfahren zu beschreiben, halte ich Deine Einschätzung für richtig. Im Gegensatz zu Dir bin ich aber der Ansicht, dass diese Entwicklung fatal ist.
Nimm doch unseren Gesprächsbereich Internet als Beispiel: Die Verrechtlichung schreitet massiv voran. Natürlich steckt dahinter der Wunsch nach Rechtssicherheit, aber wie sieht die tatsächliche Folge aus? Es werden immer bessere Grundlagen geschaffen für Abzocker, Berufsabmahner, Patenttricks, um freie Software auszuhebeln, und dergleichen mehr.
statt der jeweiligen Bestimmungen usw. hätte sonst vielleicht ein Rechtsprinzip der stärkeren Anwendung
von Analogien und Grundprinzipien etabliert werden müssen, dann letztlich wohl auch wieder mit anderen Fehlern.
Ansonsten sehe ich nicht nur die "Verrechtlichung", sondern für mich (vielleicht als Nichtjurist normal) nicht
nachvollziehbare Schwerpunkte und Verschiebungen, und zugleich gerade eine mangelnde Klärungsbereitschaft oder
geringe Konfliktfreudigkeit (durch Industrie oder Bildungsbürger oder wer sich gerade berufen fühlen könnte
Musterprozesse zu führen). Ein Teil der Probleme wäre auch durch fortschreitende Monoplisierung erklärbar, so
bedarf es m.E. deswegen besonderer Anstrengungen Werbeaktionen wie von Saturn und 'Blödmarkt' auf Nebenwirkungen
abzuklopfen weil es keinen potenten streitlustigen Mitbewerb mehr gibt.
Vielleicht liegt einigen Problemen auch ein mangelnder Gestaltungswille des Gesetzgebers bzw. der Politik
zugrunde bis auf solch absurde Kapriolen wie hier im Thread beschrieben, oder ein Warten auf Europa.
Verstärkend mag dann noch wirken dass früher ja eh immer alles besser war;-)
Besonders aber im persönlichen Bereich kommt zu dieser Problematik etwas hinzu, das ich für fatal halte: Deer Glaube, dass man alles juristisch regeln und bewältigen könne.
Es muß sich halt im Zweifelsfall ein Problem irgendwie möglichst verlässlich klären lassen, manches kann ja
schon beim "Schiedsmann" geregelt werden.
Ich habe in meinem Leben mehrere langjährige Beziehungen geführt, alle ohne Trauschein. Dadurch war ich in Trennungssituationen immer in der Pflicht, die Probleme in persönlichen Gesprächen zu klären. Stell Dir vor, ich hätte das alles auf juristisch abgesicherter Ehebasis lösen müssen. Wer außer dem Sprecher der örtlichen Anwaltskammer könnte darin einen Vorteil sehen?
Falls du nach jahrelanger eheähnlicher Situation als Hausmann ohne Trauschein Defizite bei deiner
Altersversorgung feststellst fehlt dir vielleicht eine entspr. Klärungsmöglichkeit?
Nein, die gibt es nicht. Aber man könnte das gemeinsame Sorgerecht als Normalität festlegen und damit im Sinne der Kinder handeln. Die Hürden, dies anders zu regeln, dürften nicht zu niedrig sein.
Ist denn derzeit ein gemeinsames Sorgerecht schwer möglich selbst wenn sich die Eltern einig sind?
Wäre es nicht eher im Sinne des Kindes, wenn der Vater zu ihm stehen würde, wessen Gene auch immer da unterwegs sind?
Davon ist wohl erstmal auszugehen.
Die Wendung zu den Rechten des Kindes erscheint mir hier doch eher aufgesetzt, denn tatsächlich wäre es für das Kind kein Vorteil, sondern eine Katastrophe, wenn festgestellt würde, dass es genetisch nicht von seinem Vater stammt.
Das ist mir (auch wenn Gene nicht alles sind) nicht klar.
Stell dir vor du wärest im Krankenhaus verwechselt worden, würdest du es dann letztendlich nicht doch gerne mal wissen wollen?
Wäre das Vorenthalten der Information nicht ein Vertrauensbruch, vergleichbar einer Form der Untreue?
Und wie weit sollen Vorstellungen von Autorität und Schutzbedürftigkeit gehen, mit wieviel Unfreiheit und um welchen Preis
sollen wir denn vor dem Leben -um etwas auf den absoluten und vielleicht nicht immer hilfreichen Anspruch von "Wahrheit" zu
verzichten- behütet werden?
Stell Dir die Situation vor, in der der Vater zu diesem Mittel greift. Was können die Ziele sein? Auflösung der Familie ohne Kostenfolgen? Abrechnung mit der Partnerin?
Der Vater könnte einfach seine wohl schon vorhandenen Zweifel klären wollen.
Sicher, solche Tests sind nicht zu verhindern und ich bin auch gegen eine Regelung, die sie unter Strafe stellt, aber die Kontrollmöglichkeit, die hieer geboten wird, ist doch nicht ganz ohne, findest Du nicht?
Abgesehen von den Aspekten der Gleichberechtigung: Bei den heutigen Möglichkeiten in unserer Gesellschaft Verhütung zu betreiben
und fehlenden polygamen oder sonstigen sexuellen Zwängen ist eine solche Kontrolle doch eigentlich unproblematisch, findest Du nicht?
Grüsse
Cyx23