Hallo Matthias,
deinen Beitrag habe ich erst jetzt bemerkt, deswegen die Antwort so spät...
Oder wollt ihr in den Staaten verprügelt werden, weil in der deutschen Titanic Bush offen als Arschloch bezeichnet wird?
Zum Vergleich hat ja at schon etwas gebracht, angesichts Deines verständlichen Ärgers frage ich Dich allerdings auch mal nach einer Perspektive, da Deine Aussagen wenig Kompromissmöglichkeiten eröffnen. Setzt Du auf Konfrontation? Wie sollte die Deiner Meinung nach aussehen?
Kurze Antwort: Aufklärung
Langfassung...
Zuforderst muss zwischen Innen- und Außenpolitik unterschieden werden! (ein Kommentator hat letztens treffend bemerkt dass dies in Zeiten der Globalisierung immer schwerer wird, aber wie auch immer.)
INNENPOLITIK:
Innenpolitisch gehen wir doch d'acor, dass die hiesigen Einwanderer integriert werden müssen. Das bedeutet für mich auch Assimilation ... allerdings nicht in eine 'deutsche Leitkultur' wie sie die Union propagiert, sondern eine
'europäischen Aufklärungskultur' und Kultur der Chancengleichheit.
Das ist für manche eine linguistische Spitzfindigkeit, aber es läuft darauf hinaus welche Traditionen wir betonen... bei der Union klingt da mehr so ne Art "Knödel statt Döner" durch, bei mir ist es aber ein "mal Döner, mal Knödel, mal Frühlingsrolle, aber lasst uns in einer gemeinsamen Sprache bestellen und über GEschmack diskutieren".
Die gemeinsame Sprache kann aber hier nur (hoch)deutsch sein, das ist kein Nationalismus sondern Pragmatismus.
Auf den korrekten Erwerb der deutschen Sprache in den Schulen zu bestehen, ist ein Akt der Chancengleichheit, und so sollte er vermittelt werden. (Im übrigen kommt er bei vielen Schulkindern auch so an)
Die Ursprungssprachen gehören dann in die Heimatkunde wie Schwäbisch oder Plattdeutsch. (wer nur Dialekt spricht hat übrigens auch nicht die gleichen Chancen!)
Mir geht es darum, zumindest bei der 2.Generation ein Wir-Gefühl zu erzeugen ...JA ich bin Teil dieser Gesellschaft, in die ich meine kulturellen Reichtümer genauso einbringen kann, wie ehemals das Weizenbier oder die Spaghetti!
Ein bestimmtes Verteidigen der Redefreiheit gegen doktrienierte Tabus wir auch von der überwiegenden Mehrzahl der Einwanderer begrüßt werden, bedenke z.B. wieviele Kurden,
Alawiten oder Armenier trotz ihres türkischen Passes nun hier genau davon profitieren können. Und glaub mir die wollen auch dass eingewanderte Araber sich auf Deutsch verständigen können.
Dass ignorieren aber die meisten unserer Politiker, weil diese Leute nicht wahlberechtigt sind und keine große Lobby haben, kümmern sie sich nicht darum, sondern gondeln lieber auf einer Dorfkirmes herum.
AUSSENPOLITIK:
Wer liefert die Waffen? Wer unterstützt die Diktatoren? Was steht einer gezielten Integrationsstrategie hier in Europa entgegen? Wie kann man den Islamisten unter den Einwanderern den Boden für ihre Arbeit entziehen? Wie kann man demokratische Entwicklungen in muslimischen Ländern fördern? Wieso hat man so lange die gezielte Arbeit der Islamisten geduldet, obwohl viele Experten gewarnt hatten?
Historisch haben sowohl der Westen als auch die Russen um die Einfluss und Gunst gebuhlt, das ist das alte Spiel von "Teile und Herrsche". Nun treten auch die Chinesen auf den Plan.
Die Saudis wurden uns Jahrzehntelang als Freunde verkauft, obwohl sie eine fundamentalistische Diktatur haben. Im Iran wurde ehemals eine funtionierende Demokratie durch die CIA zerschlagen, und durch das Shahregime ersetzt. Und die UDSSR hat damals als erster Staat Israel anerkannt, in Konfrontation zu Amis oder Britten, die ihre Ölstaaten nicht verprellen wollten.
Andererseits halte ich es für eine Fiktion, dass man Demokratie von außen erzwingen kann, siehe Irak.[*] (Demokratie ist aber auch nur die beste Gesellschaftsform die wir kennen, dass müssen andere für sich entscheiden können)
Wir müssen die Vorteile der Aufklärung propagieren, wie freie Rede oder Minderheitenschutz, z.B. in dem wir Reformen in der Türkei belohnen, wie wir auch Reformen in Portugal und Spanien belohnten. Die Türkei hat ein großes Wirtschaftswachstum, von dem die restriktiven arabischen Diktaturen nur träumen können (wir übrigens auch).
Aber im Umgang mit diesen Staaten braucht es auch Aufklärung nach innen, es muss z.B. gesagt werden, dass die "Befreiung" Kuweits in Wirklichkeit die Restauration der _alten_ Diktatur war.
Letztendlich haben wir tatsächlich einen Kampf der Kulturen, der von Aufklärung gegen Ignoranz. Und dieser Kampf findet in den Medien und Köpfen statt.
Und BTW nichts fürchten die Mullahs und Imame mehr als den
"Werteverfall" durch den Einfluss westlicher Medien.
Ein europäischer Fernsehsender in arabischer Sprache wäre m.E.
jetzt eine sehr gute Massnahme!!! ARABTE-TV (=Arab-Arte :)
Ein Kernproblem der westlichen Politik scheint mir dabei die Prinzipienlosigkeit zu sein.
Sei Realist, wieviele Leute hier wären aufgeklärt genug um ihr Benzin für Prinzipien zu opfern? Das ist ein langsamer Prozess, wie er auch bei der Türkei stattgefunden hat, eine ehemalige Militärdiktatur die wir jahrzehntelang gepeppelt haben! (Wäre interessant zu wissen, ob und wieviel Aufklärung die rückwandernden Almanci zurückgetragen haben.)
Tschau
LanX
[*] Angenommen wir zwängen Türkei, Syrien, Irak und Iran Gebiete an einen großen kurdischen demokratischen Staat abzutreten ... auf welchen Dialekt würden die sich einigen, wie würden sie mit ihren Minderheiten umgehen und wie lange würde diese
Demokratie überhaupt bestehen???