Hi LanX!,
deinen Beitrag habe ich erst jetzt bemerkt, deswegen die Antwort so spät...
Ich hatte schon spekuliert, mein Ansinnen hätte Dir nicht in den Kram gepasst *g*
...angesichts Deines verständlichen Ärgers frage ich Dich allerdings auch mal nach einer Perspektive, da Deine Aussagen wenig Kompromissmöglichkeiten eröffnen. Setzt Du auf Konfrontation? Wie sollte die Deiner Meinung nach aussehen?
Kurze Antwort: Aufklärung
Die Frage ist, ob Aufklärung von außen möglich ist.
INNENPOLITIK:
Assimilation
.... in einer gemeinsamen Sprache bestellen und über Geschmack diskutieren".
Ich glaube nicht, dass gemeinhin unter Assimilation das verstanden wird, was Du hier schilderst. Assimiliert sind hier etwa die polnischen Einwanderer der Montanzeit, die selbst jeden Kontakt zu ihrer Ausgangskultur verloren haben. Ist das heute eine realistische Perspektive? Vielleicht, aber auch damals hat das Jahrzehnte gedauert. Damals lief die Integration fast ausschließlich über die Wirtschaft, das Kernproblem heute scheint mir zu sein, dass die Integrationsbestrebungen geradezu gegen die wirtschaftliche Desintegration vieler Gruppen rein vom Bildungssystem geleistet werden sollen, welches damit völlig überfordert ist. Gerade die große Integrationsmaschine Industrie müsste wieder in Gang gesetzt werden.
Auf den korrekten Erwerb der deutschen Sprache in den Schulen zu bestehen, ist ein Akt der Chancengleichheit, und so sollte er vermittelt werden. (Im übrigen kommt er bei vielen Schulkindern auch so an)
Ich gebe Dir Recht: Ohne gute Deutschkenntnisse sind die Chancen auf geselllschaftlichen Erfolg gering. Bis heute sind die schulischen Angebote in diesem Bereich aber nur sehr begrenzt erfolgreich. Woran das liegt, ist nicht so einfach zu sagen.
Ich bin konkret mit solchen Problemen in der Sekundarstufe II befasst und bin der Auffassung, dass an die Problematik viel zu moderat und halbherzig herangegangen wird. Dies im Detail darzustellen, würde zu weit führen, nur die Tatsache sei genannt, dass viele Schüler aus Migrantenfamilien nach zehn Jahren deutscher Schule über Sprachkenntnisse verfügen, die nicht dem Niveau entsprechen, dass ein ausländischer Akademiker in 8 Monaten erreichen kann. Leider gilt diese Tatsache auch für Kinder aus deutschen Familien...
Die Ursprungssprachen gehören dann in die Heimatkunde wie Schwäbisch oder Plattdeutsch. (wer nur Dialekt spricht hat übrigens auch nicht die gleichen Chancen!)
Gegenargument: Wer seine Muttersprache nicht wirklich beherrscht, wird auch mit jeder Zweitsprache grundsätzliche Probleme haben.
Mir geht es darum, zumindest bei der 2.Generation ein Wir-Gefühl zu erzeugen ...JA ich bin Teil dieser Gesellschaft, in die ich meine kulturellen Reichtümer genauso einbringen kann, wie ehemals das Weizenbier oder die Spaghetti!
Schön gesagt. Dazu gehört m.E. aber auch die Wiederherstellung realistischer Aussichten auf dem Arbeitsmarkt.
AUSSENPOLITIK:
Historisch haben sowohl der Westen als auch die Russen um die Einfluss und Gunst gebuhlt, das ist das alte Spiel von "Teile und Herrsche". Nun treten auch die Chinesen auf den Plan.
Im Grundsatz richtig, wenn es auch ein Treppenwitz der Geschichte ist, dass besonders die Amerikaner gegen die Sowjets die fundamentalistischen Moslems stark gemacht haben. Vielleicht tun sie das sogar immer noch, etwa in Saudi-Arabien oder Pakistan, während die Russen auf Gegenmodelle in den arabischen Gesellschafen oder außenpolitische Gegner (etwa Indien) gesetzt haben.
Andererseits halte ich es für eine Fiktion, dass man Demokratie von außen erzwingen kann, siehe Irak.
Bei uns hat es geklappt, was vielleicht ein Modellfall sein könnte.
Wir müssen die Vorteile der Aufklärung propagieren, wie freie Rede oder Minderheitenschutz, z.B. in dem wir Reformen in der Türkei belohnen, wie wir auch Reformen in Portugal und Spanien belohnten. Die Türkei hat ein großes Wirtschaftswachstum, von dem die restriktiven arabischen Diktaturen nur träumen können (wir übrigens auch).
Da sind wir voll und ganz einer Meinung. Kleine Komplikation am Rande: Hauptgegenkraft zu den Islamisten in der Türkei sind die Militärs, die nicht gerade die Demokratie repräsentieren.
Letztendlich haben wir tatsächlich einen Kampf der Kulturen, den von Aufklärung gegen Ignoranz. Und dieser Kampf findet in den Medien und Köpfen statt.
Sicher ist das ein wichtiger Aspekt. Teilweise verdeckt dieses Gegensatzpaar aber auch viele andere Konflikte, etwa zwischen muslimischen Ländern (Syrien-Türkei-Libanon; Irak-Iran-Kuweit; Iran-Saudi-Arabien; Algerien-Marokko; Ölstaaten-arme Länder usw.) und in muslimischen Ländern (arm-reich; Einwanderer-Staatsangehörige; Aleviten-Sunniten-Schiiten; Stadt-Land). Es folgt für mich daraus ein massives Interesse vieler Diktatoren, den Kampf der Kulturen immer neu heraufzubeschwören. Warum braucht das iranische Regime heute eine derartig massive Konfrontation mit dem Ausland?
Und BTW nichts fürchten die Mullahs und Imame mehr als den "Werteverfall" durch den Einfluss westlicher Medien.
Auch für sich selbst...
[*] Angenommen wir zwängen Türkei, Syrien, Irak und Iran Gebiete an einen großen kurdischen demokratischen Staat abzutreten ... auf welchen Dialekt würden die sich einigen, wie würden sie mit ihren Minderheiten umgehen und wie lange würde diese Demokratie überhaupt bestehen???
Ein wirklich schwieriges Problem. Im Nordirak entsteht zur Zeit eine Art kurdischer Republik. Es wird sich zeigen, was die kurdischen Gruppen daraus machen.
Viele Grüße
Mathias Bigge